„Wir müssen BA.2 sehr genau im Auge behalten“, twitterte Christian Karagiannidis Am Mittwoch. Darauf verwies der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin die Vorabveröffentlichung einer neuen Studie und mögliche „biologische Unterschiede“ des Omikron-Subtyps BA.2 zu BA.1.
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„Unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass das Risiko von BA.2 für die globale Gesundheit potenziell höher ist als das von BA.1“, schreibt das japanische Forschungsteam um Akatsuki Saito von der Myazaki-Universität in seinem bisher unübertroffenen Artikel.
Die Forscher führen verschiedene Untersuchungsansätze zusammen: Statistische Auswertungen zeigten, dass BA.2-Infizierte 1,4-mal mehr Menschen anstecken als BA.1-Infizierte.
Eigene Variante, eigener Buchstabe
Neutralisationsexperimente mit Blutserum von Impflingen zeigten, dass Antikörper gegen BA.2 noch schlimmer sind als gegen BA.1, und dass sich BA.2 in seinen molekularen Eigenschaften von BA.1 unterscheidet. Experimente mit Zellkulturen zeigen, dass sich der Subtyp in Zellen der menschlichen Nasenschleimhaut und auch der Viruspartikel zur Infektion stärker vermehrt effektiver an die Zellen andocken als die von BA.1. Schließlich zeigten die Ergebnisse von Infektionsexperimenten mit Hamstern, dass BA.2 schwerer erkrankt ist als BA.1.
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Die Ergebnisse der Tierversuche lassen sich nicht direkt auf den Menschen übertragen, da die Virusvariante nicht allein entscheidend für die Schwere der Erkrankung ist. Weitere Faktoren wie Alter, Vorerkrankungen und vor allem der Impfstatus beeinflussen, wie schwer eine Person erkrankt. Generell sind ältere Menschen mit Vorerkrankungen stärker gefährdet. Drei Impfungen reduzieren jedoch das Risiko schwerer Erkrankungen deutlich.
Das Forschungsteam schlägt dennoch vor, dem Subtyp BA.2 aufgrund seiner spezifischen Eigenschaften einen eigenen Buchstaben des griechischen Alphabets zuzuordnen. Mit den Buchstaben bezeichnet die Weltgesundheitsorganisation besorgniserregende Varianten des Coronavirus Sars-Cov-2.
Nachweis im Berliner Abwasser
Auch der US-Arzt Eric Topol reagierte mit einem Tweet auf dem Vordruck. Er zitiert Daten der UKHSA: „Dennoch sollte der jüngste UKSHA-Bericht, der zeigt, dass der Impfschutz gegen BA.2 genauso gut ist wie gegen BA.1, als recht beruhigend angesehen werden.“
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Laut Robert-Koch-Institut (RKI) ist BA.2 in Deutschland noch nicht vorherrschend. Eine Abwasseranalyse in Berlin zeigt, dass der omicron-Subtyp BA.1 auch hier häufiger vorkommt. In dem Projekt des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) und der Berliner Wasserbetriebe konnte jedoch gezeigt werden, dass der Anteil des Subtyps BA.2 stark wächst.
Es war Anfang Januar kaum nachweisbar, aber am 13. Januar betrug BA.2 etwa sechs Prozent und am 19. Januar etwa zwölf Prozent. „Möglicherweise verlängert BA.2 die aktuelle Omicron-Welle etwas“, sagt MDC-Molekularbiologe Emanuel Wyler. (mit dpa)