Raumfahrt – ISS-Halbzeit für Astronaut Maurer: Mondflug „großer Traum“ – Erkenntnis

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Raumfahrt – ISS-Halbzeit für Astronaut Maurer: Mondflug „großer Traum“ – Erkenntnis

Houston/Köln (dpa) – Nach gut drei Monaten im All ist Astronaut Matthias Maurer klar: Er möchte noch höher hinaus ins All.

„Auf dem Mond zu laufen und ihn zu erkunden, wird definitiv ein großer Traum bleiben – und ich hoffe natürlich, dass dieser Traum wahr wird“, sagte der 51-Jährige der dpa nach der Halbzeit seiner Mission auf der Internationalen Raumstation (ISS). Der ESA-Astronaut, der am 11. November mit drei Kollegen der US-Raumfahrtbehörde Nasa zum Außenposten der Menschheit gereist war, soll Ende April zur Erde zurückkehren.

„Wir haben noch Arbeit vor uns“

Er habe im Labor in rund 400 Kilometern Höhe viel gelernt, womit er nicht gerechnet habe, sagt der Saarländer. „Ich dachte eigentlich, du wärst ein bisschen autonomer unterwegs.“ Doch für die Durchführung der Experimente benötige man „fast ständig“ die Unterstützung der Bodenteams. „Wir haben noch ein bisschen Arbeit vor uns, wie wir das auf dem Mond umsetzen können“, sagt Maurer.

Für künftige Missionen zum Mars beispielsweise „muss man sich etwas überlegen, denn es kann bis zu 20 Minuten dauern, bis ein Funkspruch vom Mars die Erde erreicht. Und dann natürlich noch einmal 20 Minuten, bis man die Antwort hat.“ Der Mond ist nur wenige Tage Flugzeit von der Erde entfernt – der rote Planet hingegen viele Monate.

Derzeit ist Maurer an rund 150 Experimenten in der „Space Community“ beteiligt. Beispielsweise würden Pflanzen in der Schwerelosigkeit gezüchtet. Ein wichtiger Versuch, auch für Reisen zu Mond und Mars, vor Ort frische Lebensmittel produzieren zu können. Und neue Materialien werden getestet. „Die Experimente laufen alle sehr gut.“ Er selbst sei aber nur „der Vollstrecker“ und werte die Experimente nicht aus – das hätten Wissenschaftler vor Ort gemacht, die sie auch „konzipiert und dann hochgeschickt“ hätten.

„Bisher haben fast alle Experimente funktioniert“, sagt Volker Schmid, der beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) für die Mission verantwortlich ist. „Hier und da gab es kleine Änderungen im Zeitplan, aber das ist normal.“ Bereits zur Halbzeit lag der Fokus auf dem geplanten Außeneinsatz: Maurer wird voraussichtlich im April mehrere Stunden im Freien arbeiten. „Seine Aufgabe wäre es, den europäischen Roboterarm einsatzbereit zu machen“, sagt Schmid. Auch Maurers drei deutsche Vorgänger auf der ISS hatten Außenmissionen.

Der sogenannte Weltraumspaziergang stehe „noch auf der Tagesordnung“, sagt Maurer. „Aber wie so oft in der Raumfahrt gibt es natürlich ein paar Fragezeichen.“ Damit dies geschehen kann, muss noch gearbeitet werden. „Aber ich bin sehr optimistisch.“

Maurer fühlt sich „zu Hause“

Auf der ISS fühlt sich der 51-Jährige aus Oberthal nach wie vor „zu Hause“, wie er sagt. „Eigentlich vermisse ich gar nichts.“ Natürlich möchte er ins Wasser springen und sich waschen oder frisches Obst und Salat essen. Aber die Zeit vergeht so schnell. „Es ist unglaublich. Ich bin fast ein bisschen nostalgisch, dass ich meine Mission halbwegs hinter mir habe.“

Europas ehemaliger Weltraumchef Jan Wörner hofft, dass Maurers Enthusiasmus ansteckend ist. „Bei Esa-Flügen geht es nicht um persönliche Abenteuer, aber der Mensch als Vermittler von Faszination und Motivation bleibt unverzichtbar“, ist der ehemalige Generaldirektor der europäischen Raumfahrtagentur Esa überzeugt. Auch kann ein Mensch die Schönheit, Zerbrechlichkeit und den Zustand der Erde intensiver beschreiben als etwa eine Raumsonde.

Raumfahrt hat einen politischen Aspekt

Auf einen weiteren Aspekt weist der amtierende Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften hin: „Die bemannte Raumfahrt hat auch geopolitische Auswirkungen.“ Mitten in der Ukraine-Krise arbeitet Maurer derzeit mit vier Amerikanern und zwei Russen auf der ISS. „Astronauten aus verschiedenen Ländern überbrücken die Spannungen auf der Erde.“

Am Wochenende absolvierte Maurer 100 Tage auf der ISS. Was ihm zunächst aufgefallen sei, sei, dass es eine gewisse Zeit brauche, sich an die Schwerelosigkeit zu gewöhnen, sagt der Astronaut. Das Gehirn brauche „deutlich mehr Speicherplatz“, um sich im dreidimensionalen Raum zurechtzufinden. „Für normales Arbeiten und Denken hat man dann etwas weniger Gehirnkapazität als ich ursprünglich dachte.“ Deshalb machte er am Anfang oft kleine Fehler bei den Experimenten. Gut, dass das Bodenpersonal ihm „über die Schulter“ geschaut hat.

Zu seinem 52. Geburtstag am 18. März plant er ein schönes Essen auf der Raumstation. An diesem Tag werden am Abend drei russische Kosmonauten von der Erde erwartet, es werden also zehn sein. „Dann muss ich dafür sorgen, dass ich hier noch genug zu essen habe. Natürlich will ich das Beste servieren – ein bisschen Saarland.“

© dpa-infocom, dpa:220220-99-212450/2