Dresden (dpa/sn) – Dauerhaft kostenlose Corona-Tests, mehr Geld für Pflegekräfte und eine stärkere Beteiligung der Betroffenen an Entscheidungen zum Infektionsschutz – das hat der sächsische Bürgerrat „Forum Corona“ gefordert. Die 50 repräsentativ ausgewählten Männer und Frauen haben nach ihren Konsultationen, die im Juli begonnen haben, 43 Empfehlungen formuliert. Ihr knapp 100-seitiger Abschlussbericht wurde am Samstag offiziell an die Landesregierung übergeben. Auch der Bereich Bildung nimmt viel Raum ein.
Bürger beklagen enorme Defizite bei digitaler Ausstattung und Lehrmethoden. Digitale Didaktik und Methodik müssten ihrer Meinung nach in den Lehramtsstudiengängen stärker vermittelt werden. Zudem sollten Schulen in diesem Bereich personell und technisch besser ausgestattet werden. Um die Bildungschancen für alle Kinder und Jugendlichen zu verbessern, sind kleinere Klassen und Tutoren zur Unterstützung der Schüler gefragt. Auch wird beklagt, dass im Bildungsbereich zu oft mit wenig durchdachten Ansätzen kurzfristig auf Krisen reagiert wird. Das Bildungsministerium müsse einen konkreten Notfallplan erarbeiten, der eine Strategie für die Betreuung der Schüler in und nach Krisensituationen festlege, warnt der Ausschuss.
Auch das Thema Impfen diskutierte der Ausschuss kontrovers. Dem Bericht zufolge hat sich der Arbeitskreis Gesundheit des Bürgerrats darauf verständigt, kein Urteil über die Impfpflicht zu fällen. Das Thema sei sehr komplex und müsse auf Bundesebene entschieden werden, heißt es. Eine hohe Impfquote wird jedoch mehrheitlich empfohlen, um die Corona-Schutzmaßnahmen sicher beenden zu können. Impfpflichten für alle Berufsgruppen werden dann als Ideen zur Umsetzung genannt, ebenso wie positive Berichte und Erfahrungen von Geimpften statt Impfpflichten.
Politik und Verwaltung sind derweil gefordert, Unsicherheiten und eigene Fehler offener zu kommunizieren und sich – etwa mit Blick auf Versammlungen – klar gegen antidemokratische Bestrebungen zu positionieren. Zudem sollte aus Sicht des Bürgerrats nach Neuregelungen eine Rückmeldung aus der Bevölkerung eingeholt werden. Denn die Stimmen der Bürger wurden in der Vergangenheit zu wenig gehört. Kritisiert wird auch die Zusammensetzung von Beratungsgremien zur Corona-Pandemie. Virologen würden bevorzugt interviewt, während die Perspektive von Experten für psychische Gesundheit unterrepräsentiert sei, stellt der Bürgerrat fest.
Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und Justizministerin Katja Meier (Grüne) dankten den Teilnehmern für ihr Engagement. Kretschmer betonte, dass ihre Kritik und ihre Ideen wichtig seien. „Ihr Rat ist sehr willkommen und wird benötigt.“ Offene und konstruktive Gespräche schaffen Vertrauen und sind gut für die Zusammenarbeit und den Zusammenhalt im Land. Meier versicherte, dass der Bericht nicht in einer Schublade verschwinden werde. „Fachlich und politisch überzeugende Empfehlungen aus den Beratungen des Bürgerrats werden die Arbeit von Regierung, Verwaltung und Parlament positiv beeinflussen können“, betonte sie. „Davon bin ich überzeugt.“
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