Aktuelle Informationen zu steuerlich relevanten Unternehmensspaltungen mit GmbH-Beteiligung

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Aktuelle Informationen zu steuerlich relevanten Unternehmensspaltungen mit GmbH-Beteiligung

Vieles ist unklar, wenn es um die Aufteilung des Geschäfts geht. Nun ist eine weitere Unsicherheit bezüglich der Beherrschung der Eigentümergesellschaft entstanden:

Bisheriges Verständnis: Penetrationsverbot

Bisher wurde bei der Beurteilung der Personenbindung bei einer mittelbaren Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft unterschieden, ob ja Betriebs– oder das BesitzGesellschaft handelt:

  • Die indirekte Beteiligung an der BesitzGesellschaft über eine Kapitalgesellschaft konnte noch keine Personenbindung herstellen. Aufgrund der rechtlichen Eigenständigkeit der Kapitalgesellschaft als juristische Person könne diese weder eine Eigentumsidentität noch eine Kontrollfunktion auf die Holdinggesellschaft oder die dahinter stehenden Personen übertragen (sog. Durchdringungsverbot).
  • Im Gegensatz dazu steht jedoch die Kontrolle über die BetriebsGesellschaften können auch indirekt über eine Kapitalgesellschaft ausgeübt werden.

Diese Differenzierung seitens des BFH war jahrzehntelang akzeptiert und gelebt worden, auch wenn sie in der Literatur vielfach wegen fehlender sachlicher Grundlage kritisiert wurde.

Rechtsprechungsänderung durch den IV. Senat

Der Vierte Senat hatte bereits mit Urteil vom 20.05.2021 – IV R 31/19 (BStBl. II 2021, 768) Zweifel an der bisherigen Rechtsprechung angedeutet. Mit dem Urteil vom 16.09.2021, IV R 7/18, sah er nun die Gelegenheit, den Fall der mittelbaren Beteiligung an einem Grundstück zu prüfenPersonenGesellschaft neu zu bewerten. In einer ausdrücklichen Änderung der Rechtsprechung hat der IV. Senat entschieden, dass die Teilnahme an a Besitz-PersonenUnternehmen, das nur mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, sind bei der Beurteilung der persönlichen Bindungen zu berücksichtigen. Sachliche Gründe für eine Unterscheidung zwischen einer mittelbaren Beteiligung an der Betreibergesellschaft über eine Kapitalgesellschaft und einer Beteiligung an der Eigentümergesellschaft sahen die Richter nicht.

Abweichung von der Rechtsprechung des 1. Senats?

Angesichts der ausdrücklichen Änderung der bisherigen Rechtsprechung hat die IV. Senat musste die neue Linie mit dem I. und III. Senat des BFH, der auch die frühere Rechtsprechung angewandt hatte.

Das III. Senat hat der neuen Linie des IV. Senats zugestimmt. Auf Antrag hielt der Erste Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung fest. Gemeint waren Fälle, in denen die Eigentümergesellschaft selbst eine Kapitalgesellschaft war („kapitalistisches Unternehmenssplitting“). Dort erlaubt es das Durchdringungsverbot nicht, die Besteuerung der Holdinggesellschaft auf den Einfluss ihrer Anteilseigner abzustellen. Andererseits berührt die Frage der Beherrschung einer Personengesellschaft nicht die steuerrechtliche Sphäre der zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft, sodass der Erste Senat im Fall der gemeinsamen Unternehmensspaltung keine abweichende Rechtsprechung gesehen hat.

Der Vierte Senat hat auf die Mitteilung des Ersten Senats in einer Weise verwiesen, die deutlich macht, dass er seine Rechtsauffassung nicht teilt.

Aktueller Status

In der Praxis heißt es derzeit, dass die Fälle einer möglichen Betriebsaufspaltung je nach Gesellschaftsform wie folgt zu lösen wären:

Variante 1: Die gemeinschaftlich beherrschenden Gesellschafter sind Kommanditisten der Beteiligungsgesellschaft und zugleich mittelbar an der Beteiligung beteiligtPersonenbeteiligte Gesellschaft (Urteilsfall)

Bei der Prüfung der Beherrschung der Holdinggesellschaft ist auch der mittelbare Einfluss auf die Komplementär-GmbH zu berücksichtigen.

Variante 2: Die gemeinschaftlich beherrschenden Gesellschafter werden ausschließlich an der Holding gehaltenPersonenbeteiligte Gesellschaft (ohne direkte Kommanditposition)

Wie bei Variante I ist eine Beherrschung der Eigentümergesellschaft über die GmbH möglich.

Variante 3: Holdinggesellschaft ist eine HauptstadtUnternehmen (Schwesterstruktur)

Nach Auffassung des Ersten Senats scheide eine Betriebsaufspaltung wegen des Durchdringungsverbots aus. Auch in diesem Fall würde der Vierte Senat wohl die Beherrschung der Private-Equity-Gesellschaft nach denselben Kriterien beurteilen wollen wie die Beherrschung einer Personengesellschaft.

Großer Senat

Die Auffassungen des Ersten und des Vierten Senats sind unseres Erachtens nicht miteinander vereinbar. Warum Variante 2 den Aktionären dahinter nicht die Sicht versperren soll, ist nicht ersichtlich, Variante 3 schon.

Daher ist mit einer Entscheidung des Großen Senats des BFH zu rechnen (§ 11 FGO) und zu hoffen. Die jetzt bestehende Rechtsunsicherheit nützt niemandem.

Aktionärsebene

Besonders spannend ist die Frage, welche Konsequenzen die Entscheidungen des Vierten Senats auf der Ebene der Anteilseigner der Aktiengesellschaft haben können.

Im Streitfall (Variante 1 oben) konnte nicht entschieden werden. Da die kontrollierenden Gesellschafter der Eigentümergesellschaft auch unmittelbar als Mitunternehmer an der Gewerbeimmobilien-KG beteiligt waren, wurde die Betriebs-GmbH (bzw Sonderbetriebsvermögen, auch dort hätte sich nichts geändert.

Anders verhält es sich bei den Varianten 2 und 3, wo die Gesellschafter hinter der Kapitalgesellschaft grundsätzlich kein Betriebsvermögen haben, sondern nur „normale“ Anteile an der Kapitalgesellschaft halten. Die Frage ist: wirkt sich die Betriebsaufspaltung noch auf die Ebene der Anteilseigner der Aktiengesellschaft aus? Werden die Beteiligungen der Gesellschafter in einem durch die Unternehmensaufspaltung eröffneten Gewerbebetrieb investiert und damit Betriebsvermögen?

Dies ist unserer Meinung nach nicht der Fall. Dagegen spricht bereits die intellektuelle Grundlage der Betriebsaufspaltung: Demnach nimmt die besitzende Gesellschaft aufgrund der sachlichen und persönlichen Bindungen über die Betreibergesellschaft am Handelsverkehr teil und ist damit wiederum originär gewerblich. Die primäre Folge einer Betriebsaufspaltung ist daher die Umklassifizierung der vermögensverwaltenden Vermietungstätigkeit der Eigentümergesellschaft in eine gewerbliche Tätigkeit. In dieser Konstellation ist die Eigentümergesellschaft nur die eigentliche Eigentümergesellschaft. Die Umklassifizierung einer Tätigkeit in eine gewerbliche Tätigkeit betrifft einen Gesellschafter, der nur über eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist, nicht.

Gegen einen Durchbruch spricht zudem, dass nach allgemeiner Auffassung Eigentümer- und Betreibergesellschaft auch im Falle einer Betriebsaufspaltung steuerrechtlich selbstständig bleiben. Es kommt nicht zu einem einheitlichen, gesellschaftsübergreifenden Handelsunternehmen. Damit bleibt auch die Abschirmwirkung einer Kapitalgesellschaft bestehen.

Dass dieses Ergebnis konsistent ist, wird deutlich, wenn man die kapitalistische Betriebsaufspaltung (Variante 3) mit einer Kapitalgesellschaft vergleicht, die auf dem Gelände einer eigenen Liegenschaft operiert. Dann fallen Besitz- und Betreibergesellschaft faktisch zusammen. Die Gesellschafter dieser Kapitalgesellschaft, die eine einheitliche Eigentümer- und Betriebsgesellschaft kontrollieren, erzielen trotz ihrer gesamtbeherrschenden Stellung keine gewerblichen Einkünfte, sondern nur Einkünfte aus Kapitalvermögen (abgesehen von der Umgliederung im Rahmen des § 17 EStG). Warum dies anders sein soll, nur weil Eigentümer- und Betreibergesellschaft auf zwei Konzerne aufgeteilt sind, ist nicht zu erklären. Vielmehr würde sich die Frage stellen, ob eine solche Ungleichbehandlung einen Verstoß gegen Art. 3 GG darstellen würde.

Allerdings ist zu beachten, dass auch hier leider erhebliche Rechtsunsicherheit entstanden ist.

Der BFH als Gesetzgeber?

Die Betriebsaufspaltung ist rein gerichtliches Recht. Das BVerfG hat dies jedoch genehmigt. Dieses Urteil zeigt einige problematische Aspekte dieser Rechtsform auf.

Aufgrund der divergierenden Entscheidungen des 1. und 4. Senats herrscht derzeit große Rechtsunsicherheit. Bei einem formellen Gesetz hingegen steht ein geordneter Prozess an dessen Ende nur ein Gesetz steht und nicht zwei unterschiedliche Fassungen, die beide Geltung beanspruchen.

Würde der Gesetzgeber eine solche Änderung vornehmen, wie sie der Vierte Senat in seiner Rechtsprechung vorgenommen hat, wäre dies rückwirkend für abgeschlossene Veranlagungszeiträume verfassungsrechtlich wohl nicht möglich. Der Vierte Senat hat bei seiner Rechtsprechungswende allerdings gar nicht bedacht, ob seine bisherige Rechtsprechung Vertrauensschutz hätte schaffen können und ob eine Änderung daher erst für die Zukunft gelten sollte. Es stellt sich daher die Frage, ob der BFH als faktischer Ersatzgesetzgeber weniger verfassungsrechtlichen Beschränkungen unterliegt als der parlamentarische Gesetzgeber.

Hinweis: Dieser Artikel von Alexander Pupeter und Svetlana Heil, beide Partner der Kanzlei BLOMBERG Legal & Tax in München, wurde erstmals am 11. Februar 2022 im Handelsblatt Steuerboard als Blogbeitrag veröffentlicht.Firmenaufspaltung: Die GmbH wird auf der Eigentümerseite (etwas) transparenter“.