Angriff auf die Ukraine: Hessen setzt Partnerschaft mit der russischen Region Jaroslawl aus | hessenschau.de

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Die hessische Partnerschaft mit der russischen Region Jaroslawl dauerte mehr als 30 Jahre. Nun hat die Landesregierung die Beziehung wegen des Angriffs auf die Ukraine offiziell auf Eis gelegt. An weiteren Sanktionen wird gearbeitet.

Die Liste der Regionen, mit denen das Land Hessen internationale Partnerschaften pflegt, reicht von B wie Bursa in der Türkei bis W wie Wisconsin in den USA. Sieben solcher regionalen Partnerschaften waren noch in der Rubrik „Interregionale Zusammenarbeit“ auf der Website der Staatskanzlei aufgeführt. Als Partner wurde auch der zentralrussische Verwaltungsbezirk Jaroslawl genannt.

Ministerpräsident Volker Bouffier und Europaministerin Lucia Puttrich (beide CDU) hatten als Konsequenz aus dem russischen Angriff auf die Ukraine bereits angekündigt: Auf der Kabinettssitzung am kommenden Montag werde die Landesregierung diese Partnerschaft formell aussetzen. „Es gibt keine Rechtfertigung für Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Dieses brutale Vorgehen muss Konsequenzen auf allen Ebenen haben“, heißt es in der Erklärung.

Freunde eines betroffenen Osteuropas

Hessen unterhält seit 1991 eine Partnerschaft mit Jaroslawl. Die Oblast (Verwaltungsbezirk) mit der gleichnamigen Stadt liegt rund 200 Kilometer nordöstlich von Moskau und hat fast 1,3 Millionen Einwohner. Anstoß für den Schritt war laut Ministerpräsident und Minister der Austausch „mit unseren Freunden in der polnischen Partnerregion Wielkopolska und mit den Vertretungen Georgiens, Moldawiens, Polens und Rumäniens“.

Hessen betonte Solidarität und Hilfsbereitschaft und spürte die große Sorge vor einer weiteren Eskalation des Konflikts. „In diesem Zusammenhang haben wir auch die hessischen Beziehungen zu Russland kritisch hinterfragt“, heißt es in der Erklärung. Auch das Kooperationsbüro in Jaroslawl ist von der Aussetzung der Partnerschaft betroffen. Bouffier zufolge habe er am vergangenen Mittwoch den ukrainischen Generalkonsul Vadym Kostiuk über den bevorstehenden Schritt informiert.

Mehrere Landkreise und Städte beteiligt

An diesem Tag, unmittelbar nach Kriegsausbruch, hatte Bouffier den ukrainischen Generalkonsul nach Wiesbaden eingeladen und ihn nach seinem Erscheinen im Landtag in der Staatskanzlei empfangen. Er versprach ihm die Solidarität und Hilfsbereitschaft Hessens. Der Schwerpunkt der Partnerschaft mit Jaroslawl lag laut Staatskanzlei auf der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und der Förderung von Start-ups in mehreren Bereichen wie Bauwesen, Umwelttechnik und Tourismus.

Auch auf der Online-Seite der Staatskanzlei sind mehrere kommunale Partnerschaften aufgeführt, an denen Hessen beteiligt ist. Genannt werden die Landkreise Kassel, Schwalm-Eder und Waldeck-Frankenberg sowie die Städte Kassel, Idstein und Hanau. Die Partnerschaft zwischen der Stadt Jaroslawl und Kassel besteht seit 1988, zwischen Jaroslawl und Hanau seit 1994.

Die FDP im Landtag fordert weitere Sanktionen. Die Landesregierung müsse unverzüglich alle direkten und indirekten Investitionen Hessens in Russland aussetzen, sagte Marion Schardt-Sauer, haushaltspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion. „Es ist absolut unverständlich, dass sich die Landesregierung dazu bis heute nicht geäußert hat“, kritisierte sie.

Der Schritt ist nicht nur als Zeichen der Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung überfällig. Russlands Kriegsfinanzierung sollte nicht unterstützt werden. Als Beispiel nannte der FDP-Politiker die Beteiligung des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport am Flughafen Pulkovo in St. Petersburg. „Es kann nicht sein, dass Hessen indirekt einen russischen Flughafen betreibt, während andererseits Flugverbindungen ausgesetzt und Überflugrechte entzogen wurden, und das zu Recht.“ Das Land gehört mit gut 31 Prozent zu den Anteilseignern von Fraport, zu denen auch die Stadtwerke Frankfurt mit 20 Prozent gehören.

Finanzministerium: Sanktionen kommen wie beschlossen

Auf einer Sondersitzung des Haushaltsausschusses in Parlament Die Hessische Landesregierung soll auf Anfrage der FDP Auskunft „über Zweigniederlassungen, Tochtergesellschaften oder sonstige direkte oder indirekte Geschäftsbeziehungen von Unternehmen mit hessischen Landesbeteiligungen in Russland“ erteilen. Sie muss auch sagen, welche Richtlinien sie den betroffenen Unternehmen gegeben hat und welche weiteren Sanktionen kommen.

Nach Angaben des hessischen Finanzministeriums wird die Umsetzung der vereinbarten Sanktionen seit deren Inkrafttreten geprüft. „Selbstverständlich werden alle Sanktionen in vollem Umfang umgesetzt“, sagte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage. Dass dies nicht immer so einfach sei, deutete er an: Zu den zu klärenden Rechtsfragen gehören auch die des Aktienrechts.

Die beim Finanzministerium angesiedelte Beteiligungsverwaltung begrüßt, dass die Messe Frankfurt Veranstaltungen in Russland bis auf Weiteres ausgesetzt hat. Die Messe wolle vorerst weltweit keine russischen Aussteller auf ihren Veranstaltungen, betonte der Ministeriumssprecher. Das Land Hessen hält 40 Prozent der Messeanteile. Die Stadt Frankfurt ist mit 60 Prozent zweiter Anteilseigner.

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