Angesichts der anhaltenden Corona-Risiken macht die Bundesregierung die Länder für einen vorsichtigen Öffnungskurs im Frühjahr verantwortlich.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) appellierte an alle Ministerpräsidenten, nicht über den beschlossenen „moderaten“ Stufenplan hinauszugehen. „Das ist das Maximum, das wir uns leisten können, um uns zu entspannen.“ Es gehe nicht um das Ende aller Maßnahmen, sondern um einen langsamen Ausstieg aus den Beschränkungen. Rückfälle sind jederzeit möglich. Der Höhepunkt der Belastung in den Krankenhäusern ist laut Robert-Koch-Institut (RKI) noch nicht überschritten. Auch ein weiterer Schutz in Schulen wird erwogen.
Peak der Omicron-Welle überschritten
Deutschland sei mit der Omicron-Welle „ziemlich gut zurechtgekommen“, sagte Lauterbach. Allerdings sei die Entwicklung „noch nicht wirklich in sicheres Fahrwasser“. Er verwies auf den immer noch hohen Anteil ungeimpfter Risikopersonen über 60. RKI-Vizepräsident Lars Schaade erklärte: „Unsere Daten deuten darauf hin, dass der Höhepunkt der Omicron-Welle überschritten ist.“ Allerdings ist der Höhepunkt für die Intensivstationen noch nicht erreicht. Zudem nimmt in Deutschland der Anteil des vermutlich noch leichter übertragbaren omicron-Subtyps BA.2 zu. Wenn er sich weiter durchsetze, sei nicht auszuschließen, „dass die Fallzahlen langsamer zurückgehen oder wieder zunehmen“.
Lauterbach appellierte mit Blick auf die Beschlüsse von Bund und Ländern an die Ministerpräsidenten: „Wir müssen das wie am Schnürchen umsetzen.“ Es wäre falsch, wenn Sie versuchen würden, sich als jemand darzustellen, der besonders schnell locker wird. „Es ist alles bis zum Rand genäht.“ Man sollte sich nicht von Rufen nach großen Öffnungen wie in Dänemark oder England verwirren lassen. Eine solche Lockerungsstrategie „käme für uns nicht in Frage“, sagte der Minister. Deutschland hat drei- bis viermal so viele ältere Ungeimpfte wie diese Länder.
Drei-Schritte-Plan für Eröffnungen
Bund und Länder hatten sich auf einen Drei-Stufen-Plan für Öffnungen bis zu einem möglichen Ende aller weitergehenden Auflagen am 20. Im ersten Schritt sollen Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und Genesene sowie der vielerorts bereits aufgegebene Zugang nur für Geimpfte und Genesene (2G) im Einzelhandel abgeschafft werden. In einem zweiten Schritt soll ab dem 4. März auch der Zugang zu Gastronomie und Hotels mit negativem Test (3G) möglich sein. Bei Großveranstaltungen sollen mehr geimpfte oder genesene Zuschauer zugelassen werden als bisher.
Lauterbach warnte davor, die Schutzmaßnahmen für Kinder in Schulen ganz aufzugeben. Man könne „eine Ansteckung in den letzten Monaten nicht zulassen, bis das Wetter besser wird“. Zum notwendigen Schutz gehörten angesichts der immer noch hohen Inzidenzen auch Masken. Der Immunologe Michael Meyer-Hermann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig sagte, es müsse vorrangig darum gehen, dass die Schulen „stabil und gleichmäßig“ geöffnet bleiben. Masken können dann von Schulen entfernt werden, „wenn dies dieses Ziel nicht gefährdet“. Er verwies auf die psychische Belastung von Kindern durch Unsicherheit über das weitere Vorgehen – auch mit Hin und Her mit unterschiedlichen Maskenregeln.
1,4 Millionen Dosen Novavax
Für Impfungen sollen die ersten Lieferungen des Präparats von Novavax kommen. 1,4 Millionen Dosen werden an diesem Montag und eine weitere Million Dosen in der Woche danach erwartet, sagte Lauterbach. Die Gesundheitsminister der Länder hatten sich dafür ausgesprochen, das Präparat vorrangig Beschäftigten im Gesundheitswesen anzubieten. Novavax könnte eine Alternative für Menschen sein, die Vorbehalte gegenüber den früheren mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna haben.
Lauterbach warb erneut für Unterstützung bei der Einführung einer allgemeinen Impfpflicht, um die Pandemie in Deutschland bewältigen zu können. Nach wissenschaftlichen Einschätzungen sei im Herbst mit weiteren Corona-Wellen zu rechnen, erklärte er. Lauterbach erklärte seine persönliche Unterstützung für einen von mehreren Ampel-Abgeordneten vorgelegten Entwurf zur Impfpflicht ab 18 Jahren. Auf dem Tisch liegt auch ein weiterer Entwurf zur Beratungspflicht und dann zu einer möglichen Impfpflicht ab 50 Jahren.
Das Bundesinnenministerium war nach Angaben einer Sprecherin an der Ausarbeitung der Anträge durch das Gesundheitsamt beteiligt und hält die Ausgestaltung beider Entwürfe für verfassungsgemäß. Das Justizministerium äußerte sich nicht weiter.
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