Heidelberg (dpa/lsw) – Vor 40 Jahren hat Deutschland seine Schuld an der Verfolgung und Ermordung von Sinti und Roma durch die Nationalsozialisten anerkannt – vier Jahrzehnte später sieht der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma weiterhin Benachteiligung, aber auch große Fortschritte im Umgang mit der Minderheit. „Noch immer erleben wir Diskriminierung und Stigmatisierung“, sagte Romani Rose der Deutschen Presse-Agentur in Heidelberg. Er führte die Delegation an, die den damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) am 17. März 1982 dazu brachte, erstmals den Völkermord an den Sinti und Roma anzuerkennen.
„Das fängt mit Problemen bei der Wohnungs- und Jobsuche an, wenn sich die Bewerber vorstellen – da werden wir schnell anhand unserer Namen aussortiert“, erklärte der 76-Jährige und fügte hinzu: „Sportler und Künstler unserer Minderheit sind nicht aufgeschlossen ihre Herkunft aus Angst vor einem Karrierebruch.“ Für ihn waren antiziganistische Anschläge wie der Brandanschlag auf eine Roma-Familie bei Ulm 2019 und der rassistische Terroranschlag in Hanau 2020, bei dem drei Opfer der Minderheit angehörten, erschreckend.
Dennoch ist Deutschland im Umgang mit der Minderheit in Europa vorbildlich. Seit 1998 sind Sinti und Roma neben Sorben, Dänen und Friesen als nationale Minderheit anerkannt, seit 2012 erinnert eine Gedenkstätte in Berlin an die von den Nazis ermordeten Sinti und Roma. Vom neuen Antiziganismusbeauftragten der Bundesregierung, Mehmet Daimaguler, erwartet Rose einen verstärkten Einsatz gegen Klischees und für Gleichberechtigung.
Berichten zufolge sei die Situation der Flüchtlinge unter den rund 400.000 Sinti und Roma in der Ukraine besonders schlimm, sagte der Bürgerrechtler. Berichten zufolge werden sie an den Grenzen zu Aufnahmeländern wie der Slowakei oder Ungarn benachteiligt, beispielsweise in Bezug auf Unterkunft und Verpflegung.
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