Erfurt (dpa/th) – Die Thüringer Corona-Zahlen springen von Hoch zu Hoch – Tausende Fälle sind noch nicht erfasst. Gleichzeitig wollten Bund und Länder am Donnerstag über Lockerungen beraten. Mitglieder der Thüringer Landesregierung hatten zuvor die Pläne der Bundesregierung kritisiert, das Infektionsschutzgesetz als Grundlage für eine Reihe von Maßnahmen am 20. März auslaufen zu lassen. Thüringen will zunächst eine Übergangsregelung bis zum 2. April nutzen.
Im Freistaat baut sich die Omicron-Welle immer schneller auf. Der stärkste wöchentliche Anstieg der Neuerkrankungen seit Beginn der Pandemie wurde laut Corona-Wochenbericht des Gesundheitsministeriums in der zweiten Märzwoche verzeichnet. Von Mittwoch auf Donnerstag hat das Robert-Koch-Institut (RKI) in Thüringen 9107 Neuinfektionen registriert, so viele wie nie zuvor in der Pandemie. Die gemeldete Zahl der wöchentlichen Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner kletterte auf 2075,3.
Tausende Fälle sind laut einer dpa-Umfrage in den offiziellen Zahlen gar nicht vermerkt: Fälle, die noch nicht an das RKI übermittelt wurden, stauen sich in mehreren Gesundheitsämtern in den Kreisen und kreisfreien Städten. Allein der Ilm-Kreis meldete 1.500 unbearbeitete Fälle. In Weimar gibt es laut einem Sprecher 500 Fälle. „Wir schieben auch in Weimar eine Bugwelle vor uns her.“ Jena meldete am Donnerstag 450 unbearbeitete Fälle. Der Inzidenzwert spiegele nicht das wahre Ausmaß der Infektionen wider, teilte die Stadt mit.
Im landesweiten Inzidenz-Hotspot Eichsfeld (3433,4) könnten nicht täglich 100 bis 200 Fälle gemeldet werden, wie der Landkreis mitteilte. Sie würden jedoch am nächsten Tag bearbeitet und gemeldet. In Suhl, das auf dem Papier zu den am wenigsten betroffenen Regionen Deutschlands zählt, gibt es nach Angaben des Thüringer Gesundheitsministeriums ein weiteres Problem: Die Stadt ist seit Tagen von einem Cyberangriff betroffen und meldet daher keine neuen Corona-Fallzahlen.
Im Kreis Nordhausen, der am Donnerstag ebenfalls eine Corona-Inzidenz von über 3000 verzeichnete, werden die Fälle laut Kreis „meistens“ tagesaktuell im RKI-Programm erfasst und weitergeleitet. Beim Versand von Quarantänebescheiden, der statistischen Erfassung von Fällen und der Ermittlung von Kontaktpersonen besteht jedoch deutlicher Nachholbedarf.
Einige wenige andere Landkreise gaben dagegen an, die Daten zu den neuen Fällen immer melden zu können – etwa der Landkreis Gotha, der Saale-Holzland-Kreis und die Stadt Gera. „Wenn die Fallzahlen aber weiter steigen, kann die tägliche Übertragung nicht mehr gewährleistet werden“, sagte Gera.
Allein in den ersten beiden Märzwochen wurden in Thüringen rund 87.000 Neuinfektionen gemeldet, fast so viele wie im Februar (90.000) und mehr als im Dezember 2021, dem Höhepunkt der Delta-Welle (83.000). Allerdings wurden im Dezember landesweit 955 Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus verzeichnet – verglichen mit 93 im Februar. In den ersten beiden Märzwochen waren es 56.
In den Kliniken haben die hohen Fallzahlen zuletzt zu einer moderaten Auslastungssteigerung geführt. 63 Corona-Patienten befanden sich nach Angaben des intensivmedizinischen Vereins Divi am Donnerstag auf Thüringer Intensivstationen. Auf dem Höhepunkt der Deltawelle im Dezember waren es rund 230, einige mussten in andere Bundesländer geflogen werden.
Auf den Normalstationen hat die sogenannte Hospitalisierungsinzidenz in den letzten Tagen etwas zugenommen. Am Donnerstag lag die Zahl der wöchentlichen Krankenhauseinweisungen mit Corona pro 100.000 Einwohner bei 18,3.
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