Berlin (dpa) – In der Ampelkoalition gibt es Spannungen im Corona-Kurs. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stimmt trotz skeptischer Äußerungen der FDP weiterhin einer generellen Impfpflicht im Bundestag zu.
Das Ziel erstrecke sich nicht nur auf die Ampelparteien, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Das haben die Bundesländer, deren Regierungen von Linken, CDU, CSU, Grünen und SPD geführt werden, zuletzt noch einmal betont. Nach Plänen der Regierungsfraktionen soll erst kurz vor dem geplanten Ende der meisten bisherigen Auflagen am 20. März über eine neue bundesweite Rechtsgrundlage für länger benötigte Schutzregeln entschieden werden.
Für die generelle Impfpflicht sei bewusst ein Verfahren „aus der Mitte des Parlaments und weg von einzelnen Koalitions- oder Fraktionszwängen“ gewählt worden, sagte Hebestreit. Mit Blick auf die Positionierung der Länder fügte er hinzu, Scholz habe seine Absicht erklärt, dass man bei einer so breiten Zustimmung „die Klugheit haben sollte, diese Mehrheit im parlamentarischen Verfahren in eine parlamentarische Mehrheit umzuwandeln“.
Was ist mit der FDP?
Kritik an Stimmen aus der FDP wurde nun auch von SPD und Grünen laut. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, Äußerungen von Justizminister Marco Buschmann (FDP) seien „rechtlich nicht sauber durchdacht“. Zudem müsse ihm auch klar sein: „Nur wer jetzt die Impfquote für den kommenden Herbst/Winter erhöht, hat auch weiterhin eine Perspektive auf Öffnung.“
Buschmann hatte dem „Spiegel“ gesagt: „Nur wichtige rechtliche Interessen der Allgemeinheit, etwa die Vermeidung einer Überlastung des öffentlichen Gesundheitssystems, können meines Erachtens einen solchen Eingriff rechtfertigen. Ob hier tatsächlich noch eine akute Gefahr besteht, darf bezweifelt werden.“ .“
Grünen-Chef Omid Nouripour sagte auf die Frage nach der FDP: „Es gibt auch Meinungsverschiedenheiten an bestimmten Punkten.“ Gleichzeitig erinnerte er daran, dass auch FDP-Abgeordnete Anträge auf allgemeine Impfpflicht unterstützen. Wenn es einen Punkt gibt, „der mich nicht besonders freut, dann ist es manchmal der Ton des Bundestagsvizepräsidenten“, sagte er mit Blick auf Wolfgang Kubicki. „Aber er ist dafür bekannt, nicht für die Liberalen zu sprechen“, sagte Nouripour. „Also haben wir in diesen Angelegenheiten keinen Koalitionsdissens.“ Und wenn es existiert, diskutieren Sie es.
Diverse Entwürfe zur Impfpflicht
Scholz befürwortet eine Impfpflicht ab 18 Jahren. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur unterstützen inzwischen 231 Abgeordnete einen Entwurf dafür, den eine Fraktion um Wiese und den Grünen-Gesundheitsexperten Janosch Dahmen eingebracht hat.
Zudem gibt es einen Entwurf einer Fraktion um den FDP-Abgeordneten Andreas Ullmann für eine Beratungspflicht und dann eine mögliche Impfpflicht ab 50 Jahren.
Eine Gruppe um Kubicki lehnt eine Impfpflicht ab. Eine erste Lesung im Bundestag findet voraussichtlich am 17. März statt. Auch die Union und die AfD haben dafür Anträge angekündigt.
Ampel strebt Entscheidung über neue Regeln am 18. März an
Für die Entscheidungen zum weiteren Corona-Grundschutz im Frühjahr zeichnet sich ein Fahrplan ab. Am 9. März sollen im Kabinett nach Fraktionsangaben Eckpunkte eines Gesetzes beraten werden. Für den 16. März ist eine erste Lesung im Bundestag geplant, gefolgt von der zweiten und dritten Lesung und – in einer Sondersitzung – der Beschluss im Bundesrat am 18. März. Business Insider hatte zuerst darüber berichtet.
SPD-Chef Lars Klingbeil sagte: „Ich habe keine Angst vor irgendwelchen Zerren.“ Er sei sich sicher, „dass wir uns regierungsintern, aber dann auch mit den Ministerpräsidenten abstimmen werden, dass wir sehr schnell einen Weg finden und es dann auch geeignete Maßnahmen geben wird, die nach dem 20. März greifen.“
Bund und Länder hatten sich auf einen Drei-Stufen-Plan für Öffnungen bis zu einem möglichen Ende aller weitergehenden Auflagen am 20. Dafür braucht es eine neue bundesweite Rechtsgrundlage, denn die bisherige läuft am 19. März aus. Bei SPD, Grünen und FDP gibt es unterschiedliche Einschätzungen, welche Maßnahmen noch nötig sind. Die FDP beharrte zuletzt vom 20. März auf „Normalität“.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz mahnte, es dürfe beim Corona-Schutz für die Altenpflege keine faulen Kompromisse geben. „Hier leiden und sterben Menschen, die durch tägliche Tests für alle, Masken und geschickte Umsiedlung an sichere Orte wirksam geschützt werden können. Dafür braucht es aber eine gesetzliche Grundlage“, sagte Vorstandsmitglied Eugen Brysch. „Auch für geboosterte ältere Menschen bleibt das Virus lebensbedrohlich.“
Novavax-Impfstoff kommt
Der neue Corona-Impfstoff von Novavax soll noch diese Woche eintreffen und dann umgehend an die Bundesländer verteilt werden, wie ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums sagte. Konkret soll die Lieferung nach Unternehmensangaben voraussichtlich von Mittwoch bis Freitag im Bundeslager eintreffen, hieß es auf Anfrage. Die erste Lieferung wird voraussichtlich 1,4 Millionen Dosen betragen. Das Ministerium gehe davon aus, dass die Impfungen in den Ländern dann in der kommenden Woche beginnen könnten, sagte ein Sprecher.
Geplant ist, dass Novavax vorerst nur an die Bundesländer geliefert wird, noch nicht an Arztpraxen. Es soll vorrangig Beschäftigten im Gesundheitswesen angeboten werden. Man hofft, dass Novavax eine Alternative für einige sein könnte, die nicht mit früheren mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna geimpft wurden.
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