Gesundheit – Stuttgart – Ende der Pandemie? Kretschmann pfeift Minister zurück – Gesundheit

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Stuttgart (dpa/lsw) – Mit seiner Forderung nach einem baldigen Ende der Pandemie-Lage hat Baden-Württembergs Sozialminister Manne Lucha (Grüne) eine blutige Nase bekommen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat sich am Donnerstagabend von seinen Ministern distanziert. Auf die Frage, ob Luchas Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit Kretschmann abgestimmt sei, sagte ein Regierungssprecher der dpa in Stuttgart: „Nein, war er nicht.“ Lucha ruderte am Abend teilweise zurück. Massiven Druck erhielt der Minister Berichten zufolge auch von den Spitzen der Koalitionsfraktionen von Grünen und CDU, Andreas Schwarz und Manuel Hagel.

Lucha wollte Eigenverantwortung übernehmen

Zuvor hatte der Grünen-Minister in einem Schreiben an Lauterbach gefordert, die Bundesregierung solle Ende April – also nach den Osterferien – den Wechsel von der Pandemie- in die Endemiephase einläuten. Lucha forderte daher einen Strategiewechsel für Ende April, bei dem es keine Tests mehr und keine Quarantänepflicht gegeben hätte. Er schrieb unter anderem: „Verhalten sollte eher eigenverantwortlich übernommen werden, für Erkrankte gilt nach wie vor die Bitte, zu Hause zu bleiben.“

Ministerium bedauert „irreführenden Eindruck“ des Schreibens

Sein Sprecher sagte am Abend, der Inhalt des Schreibens habe „offenbar einen falschen und irreführenden Eindruck“ gemacht. Er fügte hinzu: „Wir erklären die Pandemie ausdrücklich nicht für beendet.“ Und: Es gibt keinen Strategiewechsel bei den Schutzmaßnahmen.“ Dem Minister ging es vor allem darum, die Gesundheitsämter von unnötigen Aufgaben zu entlasten und damit zu einem Zeitpunkt der deutlichen Abschwächung der Pandemie einen Wandel im Corona-Management langfristig anzustoßen .“

Die Gesundheitsbehörden jagen nur

In dem Brief an Lauterbach schrieb Lucha, dass die Gesundheitsbehörden aufgrund der schnellen Verbreitung der Omicron-Variante keinen Einfluss mehr auf den Ausbruch hätten. Kontaktpersonen hätten die Infektion oft weitergegeben, bevor ihr Status bekannt wurde und die Quarantäne greifen konnte. „Aktuell sammeln die Gesundheitsämter mit enormem Aufwand Meldedaten von asymptomatischen Personen sowie Mehrfachmeldungen von „kostenlosen Testversuchen“ von symptomatischen Personen – aus denen keine weiteren Maßnahmen folgen und die zudem das Infektionsgeschehen zunehmend unzureichend abbilden“, schrieb der Bundesrat Der Minister.

Zudem sind viele Menschen als geimpft oder genesen von der Quarantäne ausgenommen. Wenn die Gesundheitsämter von diesen überflüssigen Aufgaben entlastet würden, könnten sie sich darauf konzentrieren, Pflegeheime und Krankenhäuser zu beraten, wie größere Ausbrüche vermieden oder besser kontrolliert werden können, erklärte Lucha. Der Infektionsverlauf soll künftig vor allem mit Hilfe der Meldedaten der Ärzte überwacht werden.

Liberale wundern sich über „Meinungswandel“

Die FDP habe die Initiative begrüßt, sei aber auch überrascht: Während Kretschmann bei der Bundesregierung beklagte, dass die Instrumente im Kampf gegen die Pandemie fehlten, wolle Lucha das Coronavirus nun wie jedes andere Grippevirus behandeln, sagte der Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke und fragte: „Ist besseres Wissen oder schiere Resignation der Grund für den plötzlichen Sinneswandel?“ Er forderte das Land auf, die Regeln zur Quarantäne selbst abzuschaffen, dafür brauche es die Bundesregierung nicht.

Fast 40.000 Neuinfektionen an einem Tag

Zuletzt hatte Kretschmann immer wieder betont, dass die Pandemie noch nicht vorbei sei. Der Grünen-Politiker ärgerte sich darüber, dass die Ampel-Bundesregierung fast alle Corona-Schutzmaßnahmen auslaufen lassen will. Er verwies auf die hohen Inzidenzen. Zuletzt gab es im Südwesten knapp 40.000 Neuinfektionen an einem Tag, was einer 7-Tages-Inzidenz von über 1900 entspricht. Wegen der hohen Dunkelziffer dürfte die Inzidenz im Südwesten liegen deutlich höher. Allerdings sind die Intensivstationen der Kliniken nicht mehr so ​​ausgelastet, weil die Covid-Erkrankung bei Omicron meist milder verläuft als bei der Delta-Variante.

Landkreise wollen „Datenfriedhöfe“ vermeiden.

Lucha hatte für seinen Brief Unterstützung vom Bezirksrat erhalten. „Es ist wichtig und notwendig, die Berliner Politik mit den technischen Gegebenheiten vor Ort zu konfrontieren“, sagte Präsident Joachim Walter. „Es macht zum Beispiel keinen Sinn, Datenfriedhöfe zu schaffen, indem man dem Robert-Koch-Institut tausende positive Testergebnisse meldet, ohne irgendwelche Konsequenzen zu ziehen.“

Impfangebote werden vorerst stark eingeschränkt

Das Impfangebot soll Ende nächster Woche mangels Nachfrage massiv reduziert werden. Zunächst gibt es ab dem 1. April nur noch ein mobiles Impfteam und eine Basis pro Stadt und Landkreis. Nach den Fraktionen von Grünen und CDU stimmte auch die Regierung dem Vorschlag des Sozialministeriums zu. Bisher gibt es rund 350 mobile Teams und 135 staatlich geförderte Impfzentren. Die Koalition ist überzeugt, dass die verbleibende Struktur es ermöglicht, flexibel zu reagieren, sollte die Pandemie dramatisch eskalieren.

Mit dem verschlankten Impfkonzept will die Regierung die enormen Kosten senken. Knapp 55 Millionen Euro soll das neue Konzept bis Ende September kosten. Das Geld soll aus der Reserve für Haushaltsrisiken kommen. Impfungen und Tests haben das Land im vergangenen Jahr mehrere hundert Millionen Euro gekostet.

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