Intensivmediziner warnen vor steigenden Patientenzahlen wegen der Omicron-Variante des Coronavirus. Der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Gernot Marx, sagte der „Rheinischen Post“ (Freitagausgabe), er erwarte angesichts der „sehr hohen Inzidenzen“, dass „allgemein die Zahl der Patienten können wieder deutlich aufstehen und werden dies sicherlich tun“.
Auch die Zahl der Covid-Patienten auf den Normalstationen sei „sehr, sehr hoch“, sagte Marx. „Das betrifft natürlich auch die gesamte Klinik.“ Eine Infektion mit der Omicron-Variante verläuft oft milder als mit der Delta-Variante, aber: „Wir sprechen hier nicht von einer Erkältung“, betonte Marx. „Es wird schwere Verläufe und auch Todesfälle geben.“
Zuletzt war die Zahl der Corona-Patienten auf den Intensivstationen zurückgegangen – doch seit Montag steigt die Zahl der Neuaufnahmen wieder an. Allerdings wird dies derzeit dadurch kompensiert, dass Patienten aus der letztjährigen „Delta-Welle“ auf die Normalstation verlegt werden oder sterben. Derzeit befinden sich 2363 Covid-Patienten auf der Intensivstation.
Die Intensivstationen seien nach wie vor gut ausgelastet mit „Menschen, die zum Beispiel im November oder Dezember nicht operiert werden konnten und jetzt in großer Zahl bestellt werden“, sagte Marx der Zeitung.
Auch der Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gass, erwartete von Omikron eine steigende Zahl von Corona-Patienten. „Mit steigender Infektionsrate wird die Belegungszahl im Krankenhaus zeitverzögert steigen“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Andererseits rechnen wir nicht damit, dass normale Stationen voll sind, da sie personell und technisch völlig andere Voraussetzungen haben als die seit langem stark ausgelasteten Intensivstationen.“
Zum Problem könnten Personalengpässe werden, so Gass: „Bei steigenden Patientenzahlen und gleichzeitig zunehmendem Personalmangel durch Infektionen kann die Situation wieder angespannt werden“, warnte er. „Die Hälfte der Krankenhäuser verzeichnet bereits erhebliche Fehlzeiten aufgrund von Infektionen, die die Versorgung beeinträchtigen.“ In den meisten Kliniken sind die krankheitsbedingten Ausfälle um etwa 20 Prozent höher als zu dieser Jahreszeit üblich. „Von diesen Ausfällen sind alle Berufsgruppen gleichermaßen betroffen“, so Gass weiter.
Sollte sich die Lage verschärfen, könnten Operationen wieder verschoben werden: „Die Personaldecke in einigen Krankenhäusern, insbesondere im Pflegebereich, ist so dünn, dass schon kleinere Ausfälle Auswirkungen haben können.“
Die Aussagen der Gesundheitsexperten werden durch Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) bestätigt. Laut dem neuesten RKI-Bericht vom Donnerstag lag die Krankenhauseinweisungsinzidenz bundesweit bei 4,64. Nach einigen Wochen der Stagnation hat der Wert zuletzt wieder deutlich angezogen. Sie gibt an, wie viele Menschen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen wegen einer Corona-Infektion im Krankenhaus liegen.
Veröffentlicht: 28.01.2022 – Quelle: Agence-France-Presse