Berlin (dpa) – Das Robert-Koch-Institut (RKI) sieht angesichts der explodierenden Zahl von Omicron-Neuinfektionen nicht die Messung jeder Infektion, sondern immer mehr die Krankheitslast im Fokus.
Für die aktuelle Lagebeurteilung steht „nicht die Erfassung aller durch SARS-CoV-2 verursachten Infektionen im Vordergrund, sondern die Entwicklung von Zahl und Schwere der Erkrankungen“, wie der RKI-Wochenbericht zeigt. Auch wenn nicht jeder Einzelfall im Meldesystem erfasst wird, ermöglichten zusätzliche Schätzungen „eine verlässliche Einschätzung der Gesamtentwicklung der epidemiologischen Lage“ in Deutschland, hieß es.
Unvollständige Abdeckung
Konkret haben die Experten im Wochenbericht kürzlich Schätzungen von Infizierten mit Covid-19-Symptomen unterschiedlicher Schweregrade veröffentlicht. Konkret gibt es auch Schätzwerte für Fälle unterhalb der Schwelle für Krankenhauseinweisungen, etwa zur Häufigkeit von Arztbesuchen: In der Woche bis zum 23. Januar waren es 280 pro 100.000 Einwohner, in der Vorwoche waren es 178 gewesen das RKI.
Für die dritte Woche des Jahres wurde zudem geschätzt, „dass etwa 1,3 bis 2,3 Prozent der Kinder und Jugendlichen bis 14 Jahre und 0,6 bis 1,3 Prozent der Bevölkerung ab 15 Jahren mit akuten Symptomen an Covid-19 erkrankten Atemwegserkrankungen“. Diese Informationen stammen aus verschiedenen Quellen, wie z. B. Informationen aus der Bevölkerung.
Hintergrund der zeitweilig unvollständigen Registrierung von Infizierten sind unter anderem Test- und Registrierungskapazitäten, die zunehmend an ihre Grenzen stoßen und diese überschreiten. Laut RKI haben die Gesundheitsämter am Donnerstag erstmals mehr als 200.000 neue Corona-Fälle an einem Tag gemeldet, die Sieben-Tages-Inzidenz hat die 1000er-Schwelle überschritten.
Die aktuelle Welle schlägt sich zum Beispiel immer deutlicher in Laborkapazitäten nieder. Nach Angaben der Association of Accredited Laboratories in Medicine (ALM), die auf Daten von rund 180 Laboren zurückgriff, wurden in der vergangenen Woche rund 2,4 Millionen der besonders zuverlässigen PCR-Tests durchgeführt. Jeder dritte Befund war positiv. Die Auslastung der Labore lag demnach im Bundesdurchschnitt bei 95 Prozent.
Omicron breitet sich weit aus
Der Anteil der in Deutschland lange dominierenden omicron-Variante ist laut RKI-Publikation zuletzt weiter gestiegen. In den Meldedaten der Bundesländer waren es in der vergangenen Woche 96 Prozent. Angesichts dieser sehr weiten Verbreitung sei der Zusatznutzen variantenspezifischer PCR-Tests „begrenzt“, hieß es. Aufgrund der begrenzten Testkapazitäten und der stark gestiegenen Fallzahlen ist es sinnvoll, PCR-Tests für diagnostische Zwecke zu bevorzugen.
Aufgrund der rasanten Verbreitung von omicron erwarten viele Experten zahlreiche neue Patienten in den Kliniken. Der Leiter des Divi-Intensivregisters, Christian Karagiannidis, sagte, auf den Intensivstationen gebe es derzeit eine Seitwärtsbewegung. Aufgrund der meist weniger schweren Verläufe bei Omikron im Vergleich zu Delta befürchten Experten jedoch eine zunehmend größere Belastung für Normalstationen.
Im Wochenbericht weisen die Experten des RKI noch einmal darauf hin, dass die Covid-19-Lage derzeit äußerst angespannt ist und wiederholen ihre Impfappelle. „Aufgrund der sehr schnellen Zunahme von Erkrankungen besteht die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems und möglicherweise anderer Versorgungsbereiche“, warnen sie. Entscheidend blieben die Einhaltung der bekannten Schutz- und Hygienemaßnahmen und die konsequente Kontaktreduzierung.
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