Kein großer Aufschwung, aber viel Entspannung im Pforzheimer Einzelhandel

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Kein großer Aufschwung, aber viel Entspannung im Pforzheimer Einzelhandel

Noch ist es ruhig an diesem Dienstagnachmittag in der Pforzheimer Innenstadt. Seit einer Woche ist der Zugang zum Handel wieder ohne 3G-Nachweis möglich. Eigentlich wäre jetzt mit einem großen Ansturm auf Boutiquen und Geschäfte zu rechnen, doch die Aufhebung der Verordnung ruft bei Händlern und Kunden in Pforzheim unterschiedliche Reaktionen hervor.

Für Thomas Sänger, Centermanager der Schlössle-Galerie in Pforzheim, ist die Neuregelung für das Einkaufszentrum ein Schritt in die richtige Richtung. In den ersten Monaten des Jahres laufe das Geschäft traditionell schlechter und die Kontrollen hätten für zusätzliche Verluste gesorgt. Mit dem Verschwinden von 3G sieht er jedoch, dass wieder mehr Menschen kommen werden. Obwohl das bisherige Niveau noch lange nicht erreicht ist, sieht es für die Galerie gut aus. Singer blickt gelassen in die Zukunft: „Es ist beruhigend, dass die Menschen wieder normal in die Läden gehen können.“

das Ass

Diese Entspannung spüren auch die Kunden der Schlössle-Galerie. Judith Rinklin und Tabitha Nonnenmann kamen zum Bummeln in die Galerie. Der 3G-Regelung beim Einkaufen trauern die beiden keineswegs nach: „Mit Winterjacke und Taschen beladen, jedes Mal Handy und Ausweis rauskramen, das war Stress“, sagt Nonnenmann. Aus diesem Grund trug die junge Frau ihren Ausweis immer griffbereit unter einer transparenten Hülle auf ihrem Handy. Aber aufs Einkaufen wegen 3G ganz zu verzichten, wäre für sie nicht in Frage gekommen. Ihre Einkaufsbegleiterin Judith Rinklin sieht das anders. Schon vor Corona sei sie keine Hobby-Shopperin gewesen und habe während der Einschränkungen viel online eingekauft: „Ich bin immer nur für das Nötigste in der Stadt, da haben mich die Kontrollen nicht sonderlich gestört.“

Allerdings, so Erika Föst, Filialleiterin bei Thalia in Pforzheim, habe 3G bei den meisten Kunden eine gewisse Schwellenangst ausgelöst. Aktuell würden viele daher ihre Freude darüber ausdrücken, endlich wieder ungehindert in den Laden kommen zu können. Föst ist sich sicher, dass die Stadt nach Aufhebung der Verordnung wieder aufleben wird. Schon jetzt kommen mehr Kunden in die Buchhandlung. Rückblickend auf die letzten Monate hat die 3G-Regelung jedoch nicht nur die Kunden zurückgehalten. Auch die Organisation der Kontrollen bedeutete viel Mehrarbeit für die Mitarbeiter. Man hofft, von nun an dauerhaft ohne dieses „Handicap“ auszukommen.
Die gleiche Hoffnung hegen Bernhard Tronser und das Team seines Elektrofachmarktes. In ihrem Laden reklamierten Kunden oft ohne Beweis, nachdem ihnen der Zutritt verweigert wurde. Hier musste man aufgrund der Steuerung viel Geschrei und zuschlagende Türen ertragen.
Und wie sieht es mit der Kundenzahl aus? Die Frage, ob die Abschaffung der Verordnung mehr Kunden bringen würde, kann Tronser nicht direkt mit „Ja“ beantworten. Natürlich würden jetzt ein paar mehr Leute am Laden vorbeikommen, aber die Frequenz habe sich nicht wesentlich erhöht: „Vielleicht muss sich ja herumsprechen, dass man wieder in die Läden gehen kann“. Für sein Geschäft brachte die 3G-Regulierung jedoch keinen großen Verlust. Viele Kunden wurden telefonisch kontaktiert und es gab mehr Reparaturanfragen und Warenbestellungen als die direkte Beratung im Verkaufsraum.

Die meisten Einzelhändler in Baden-Württemberg hatten dieses Glück nicht. Die Einführung der 3G-Verordnung war laut Handelsverband Baden-Württemberg für einen durchschnittlichen monatlichen Umsatzrückgang von 21 Prozent verantwortlich. Die Abschaffung der Regelung bedeutet daher natürlich eine Entlastung für Händler. Eine wirkliche Steigerung der Kundenfrequenz in den Innenstädten sei aber nur durch eine schnelle und uneingeschränkte Öffnung der Gastronomie möglich, so Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des HBV.
Für Nicole Kaelber, Geschäftsführerin von Intersport Schrey auf der Wilferdinger Höhe, hatte die Regelung von Anfang an einen bitteren Beigeschmack. Über den Impfstatus und die Meinung ihrer Kunden würden sie und ihr Team nicht urteilen wollen. Trotzdem mussten sie viele ihrer Kunden wegen der Verordnung abweisen, obwohl bekannt ist, dass der Handel kein Infektionsherd ist. Aber nicht alle sind dieser Meinung. Roland Stein, Inhaber von Betten Stein, beklagt, dass einige Kunden sogar wieder ausbleiben, weil sie sich durch die Abschaffung der Verordnung nun verunsichert fühlen. „Den zwei, drei Kunden, die jetzt wieder rein dürfen, bleiben andere fern“, sagt er. Auch große Ketten wie Galeria Kaufhof sind sich der Sorgen der Kunden bewusst und weisen gleich am Eingang des Kaufhauses darauf hin, dass man bei ihnen weiterhin sicher einkaufen kann. Es bleibt also abzuwarten, ob sich die Kunden angesichts der hohen Inzidenz für besorgt oder unbekümmert entscheiden werden.