Leipzig: Der Flughafen findet breite Unterstützung in der Region

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Wirtschaft

16.03.2022

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18:08

Der Flughafen Leipzig genießt eine breite Unterstützung in der Region

Eine repräsentative Umfrage sieht nur wenige Kritiker. Sie wittern eine „gläserne Aktion“ kurz vor den Online-Beratungen zum Ausbau des Güterkreuzes.

Von Michael Rothe


4 Minuten

Die Posttochter DHL sorgt vor allem nachts für den Betrieb des Flughafens Leipzig-Halle – und bereitet den Anwohnern ebenso viel Ärger.  Für 500 Millionen Euro soll der Flughafen ausgebaut werden.

Die Posttochter DHL sorgt vor allem nachts für den Betrieb des Flughafens Leipzig-Halle – und bereitet den Anwohnern ebenso viel Ärger. Für 500 Millionen Euro soll der Flughafen ausgebaut werden.
© dpa/Jan Woitas

Die Freistaatsgerichte stimmen in heiklen Fragen zu. Nachdem sich Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) vergangene Woche über die Ergebnisse einer von ihm in Auftrag gegebenen Umfrage und eine „breite Akzeptanz“ für Solar- und Windanlagen freute, tat dies am Mittwoch auch sein Kabinettskollege Hartmut Vorjohann (CDU). Laut einer repräsentativen Umfrage zur Akzeptanz des Flughafens Leipzig-Halle zeigte sich der Finanzminister „glücklich über das klare Bekenntnis der Bevölkerung“ zu Europas viertgrößtem Frachtflughafen. Sachsens Oberkämmerer vertritt den Freistaat als Hauptaktionär der Mitteldeutschen Flughafen AG (MFAG) im Aufsichtsrat.

Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat im Auftrag des Konzerns 1.053 Erwachsene in Leipzig, Halle, den Landkreisen Leipzig, Nordsachsen und dem Saalekreis befragt: zur Bedeutung des Flughafens, zu ihrer Meinung zu Lärmschutz und Ausbauplänen. 500 Millionen Euro will die MFAG in neue Vorfelder, Logistik- und Bürogebäude investieren. Der Flughafen „soll die Nummer eins für Fracht in Europa werden“, sagt Minister Vorjohann. Demnach stehen 58 Prozent der Befragten den Plänen offen gegenüber, 27 Prozent haben Bedenken wegen Umweltschäden, Flächensanierung und Fluglärm. Andererseits hielten 61 Prozent die Proteste für die Meinung einer Minderheit, sagt Forsa-Geschäftsführer Peter Matuschek. Er nennt die Daten vergleichbar mit Studien für die Flughäfen Frankfurt/Main und Düsseldorf.

Für 89 Prozent der Befragten ist der Flughafen Leipzig „sehr wichtig“ für die Region, insbesondere für Wirtschaft, Ansiedlung und Arbeitsplätze. Zwei Drittel sehen auch Lärm- und Umweltbelastungen – die meisten im Saalekreis mit der Flugschneise. 19 Prozent sind „gelegentlich“ und neun Prozent „häufig“ persönlich von Fluglärm betroffen.

Trotz der scheinbar überwältigenden Unterstützung sind bei der Landesdirektion Sachsen 6.560 Einsprüche mit teils langen Unterschriftenlisten eingegangen. Die Online-Sprechstunde läuft laut SZ-Anfrage von Montag bis 20. Mai. Die Geschäftsführung wertet alle Wortmeldungen „inhaltlich und rechtlich“ aus. Der weitere Verlauf richtet sich dann nach dem tatsächlichen Inhalt und der rechtlichen Relevanz der uns übermittelten Erklärungen.

Garantie für den Flughafen Dresden

„Aufgrund der wachsenden Nachfrage im Fracht- und Logistikbereich plant die Mitteldeutsche Flughafen AG, in den Ausbau und die Modernisierung der Infrastruktur zu investieren“, heißt es in ihrem Lagebericht. Bis 2025 sind in Leipzig-Halle unter anderem die Sanierung der Start- und Landebahn Nord, der dortigen Rollwege und der Ausbau des Nordbereichs geplant. Die erforderlichen Erhaltungs- und Erweiterungsinvestitionen im Konzern beliefen sich bis 2025 auf 344,1 Millionen Euro, ohne die geplanten Erweiterungsmaßnahmen der Posttochter DHL, die sich noch in der Umplanung befinden. Für die Finanzierung werden Landesbürgschaften des Freistaates und Sachsen-Anhalts über 70 Prozent der geplanten Kreditsumme benötigt.

Ausbaukritiker wie Thomas Pohl von der IG Nachtflugverbot L/H e. V. gehe von „einer mittelbaren Beeinflussung des laufenden Planfeststellungsverfahrens“ aus. Laut einem Schreiben an Aufsichtsrat Vorjohann ist der Flughafen „die lauteste nächtliche Lärmquelle in der Nähe der Stadt in Deutschland und damit die größte Bedrohung für die öffentliche Gesundheit der Bevölkerung in Mitteldeutschland“.

Vergangene Woche erklärte die MFAG, den Bodenlärm reduzieren zu wollen und startete mit der 2,5 Millionen Euro teuren Modernisierung der Triebwerksprüfhalle. Am Flughafen sind mehrere Frachtfluggesellschaften ansässig, die Wartungsstützpunkte für ihre Flugzeugflotten unterhalten und jährlich 250 bis 290 Triebwerkstests durchführen lassen. Anwohner sehen in der „überfälligen Aufwertung“ der Halle „mindestens ein Kerzenlicht am Horizont“, so Matthias Zimmermann von der Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“.

Die Flughäfen in Leipzig und Dresden punkten als Jobmotoren. Zum Jahreswechsel waren 16.128 Menschen in 235 ortsansässigen Unternehmen und Behörden beschäftigt – zehn Prozent mehr als ein Jahr zuvor und doppelt so viele wie 2010. Die MFAG selbst hat stabil 1.325 Mitarbeiter. Allein am Flughafen Leipzig/Halle, Europas viertgrößtem Frachtflughafen, arbeiten 12.344 Menschen in gut 120 Unternehmen, ein Plus von 14,2 Prozent. In Dresden-Klotzsche sind 3.784 Mitarbeiter beschäftigt.

Laut Initiativsprecher Zimmermann wurde „keiner unserer aktiven Mitstreiter befragt“. Er nennt die Aktion „sehr transparent“. Nun beginnt das nichtöffentliche Beratungsverfahren, im April findet eine Anhörung im Petitionsausschuss des Sächsischen Landtags statt. „Im Prinzip wiederholt sich die Situation von 2006, als die IG vor dem Bundesverwaltungsgericht Klage gegen das Nachtflugverbot erhoben hat“, sagt er. Auch dort war im Vorfeld für eine positive Stimmung gesorgt worden. MFAG-Chef Götz Ahmelmann, der das wenig überraschende Umfrageergebnis als „motivierendes Signal“ bezeichnet, bestreitet einen Zusammenhang.

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Übrigens beinhaltet die Präsentation auch eine Bestandsgarantie für den Schwesterflughafen in Dresden. Sowohl Finanzminister Vorjohann als auch CEO Ahmelmann lassen keinen Zweifel daran, dass beide Flughäfen eine Zukunft haben. Auch der Flughafen der Landeshauptstadt sei ein elementarer Bestandteil der Verkehrsinfrastruktur und „überaus wichtig“ für den Standort Dresden.