Marius Müller-Westernhagen feiert Comeback: Ist der Lack ab?

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t-online hat offene Ohren für die wichtigsten Alben der Woche und gibt Ihnen Musiktipps. Diese Woche mit dem Comeback von Marius Müller-Westernhagen, Keith Richards und neu verpackt von Kraftwerk.

Wenn Sie so richtig Bock auf neue Sounds haben, aber keine Zeit haben, sich die Veröffentlichungen der Woche anzuhören, sind Sie bei t-online mit der „Haben Sie schon gehört?“ A.

Marius Müller-Westernhagen – Zeitgeist

Es gibt wohl nur wenige Musiker in Deutschland, die eine solche Karriere hingelegt haben wie Marius Müller-Westernhagen. Vielleicht gibt es auch einen Maffay, einen Lindenberg, einen Grönemeyer und natürlich eine Helene Fischer. Aber im Grunde ist es ziemlich leer in dieser erfolgreichen Region. Jetzt meldet sich Westernhagen mit neuer Musik zurück. Es wird auch Zeit, denn sein letztes Album „Alphatier“ liegt fast acht Jahre zurück.

Passenderweise nennt der Deutschrocker seine Comeback-Single „Zeitgeist“. Weiß er, dass er heute nicht mehr mit Capital Bra, Katja Krasavice oder Elif mithalten kann? Dass die Sterne heute anders stehen als zu seiner Blütezeit? Und noch wichtiger: Interessiert ihn der Zeitgeist überhaupt? Musikalisch wahrscheinlich nicht. Schon die ersten Gitarrenhits machen deutlich, dass der 73-Jährige dem Rock’n’Roll noch immer leidenschaftlich am Herzen liegt. Trends interessieren ihn nicht.

Und doch darf man fragen: Ist der Lack ab? ist die luft raus? Westernhagen spricht das selbst an, beschuldigen Sie mich nicht! „Auch die Kardashians haben ein Ende. Der Lack ist ab, die Luft ist raus und alle hoffen auf eine Wende, ein gutes Ende“, singt er in seinem neuen Track. Er selbst ist wahrscheinlich nicht außer Atem.

Die Zahl klingt lebenswichtig. Man hört, dass sich hier jemand für Musik interessiert. Es gibt keine großen Einflüsse von außen, aus dem Hier und Jetzt. Und das macht ein wenig wehmütig, ob früher alles besser war. Zumindest wenn es um die Musikindustrie geht. Im Alter muss sich die Sängerin, die mit Nummern wie „Freiheit“ oder „Sexy“ deutsche Musikgeschichte geschrieben hat, einer völlig erneuerten Branche stellen. Früher wäre diese Comeback-Single dank starker Verkaufszahlen sicherlich eine Top-3-Nummer geworden. Aber wie behauptet sich ein altes Haudegen heute im großen Streaming-Kampf? Du wirst sehen. Und am Ende ist es egal. Westernhagen hat vor Jahren alles erreicht.

Kraftwerk – Remixe

Die Düsseldorfer Band Kraftwerk waren Pioniere der elektronischen Musik. Sie sind auch Pioniere, wenn es um das Recycling ihrer eigenen Arbeit geht. Seit der Veröffentlichung von „Tour de France“ im Jahr 2003 hat die Band kein neues Material mehr angerührt. Tourneen folgten, das coole 3D-Konzertkonzept folgte, eigene Alben mit neuem Master und einigen neuen Covers veröffentlicht. 2017 folgte das Boxset „3D – Der Katalog“. Jedes Studioalbum als Live-Album ohne Publikum im Mix. Es wurde als Aktualisierung der eigenen Arbeit verstanden.

Neue Musik von Ralf Hütter und Co. wird es wohl nie geben. Mit „Remixes“ kommt eine Veröffentlichung, die zumindest als neuwertig bezeichnet werden kann. Hier findet man alte und neue Remixe von Kraftwerk selbst, aber auch von anderen Künstlern wie Alex Gopher oder Hot Chip.

Diese Zusammenstellung wurde letztes Jahr digital veröffentlicht, jetzt ist dieses Set mit einer etwas anderen Tracklist auch auf Doppel-CD und Dreifach-LP erhältlich. Schade, dass man sieben Versionen von „Expo 2000“ hintereinander hört, aber Klassiker wie „Die Roboter“, „Computerliebe“ oder „Autobahn“ sind hier nicht vertreten. Gleichzeitig: Endlich neues Material aus Düsseldorf. Zumindest irgendwie.

Placebo – Lass mich nie gehen

Es ist ein bisschen schade, dass diese Band oft nur auf „Every Me Every You“ reduziert wird. Ja, es ist ihr großer Hit, der in der Rockdisco genauso knallt wie auf der Ü40-Party. Trotzdem: Diese Gruppe veröffentlichte zumindest in der ersten Hälfte ihrer Karriere großartige Alben wie „Black Market Music“ oder das düstere „Without You I’m Nothing“.

In den letzten Jahren habe ich die Arbeit der Gruppe nicht mehr so ​​genau verfolgt. Naja, viel war da auch nicht. Das letzte Album erschien 2013. Da ich aber in letzter Zeit eine große Vorliebe für Bands wie Pulp, Suede oder Blur entwickelt habe, wollte ich diesen Inselrockern noch einmal eine Chance geben. Und siehe da, „Never Let Me Go“ klingt anders als erwartet. Brian Moloko klingt immer noch so wie vor 20 Jahren, aber seine Musik scheint einen großen Sprung in Richtung Elektronik gemacht zu haben. Der organische Rock der 90er ist gewichen, das Klangspektrum hat sich geöffnet. Trotzdem: Die Post-Punk-Einflüsse sind da und lebensbejahend klingt diese Platte trotzdem nicht.

Schon der Opener „Forever Chemicals“ klingt aufgrund seiner vom Bass getragenen Strophen eher zurückhaltend. Und dieser Eindruck, dass der Sound von Placebo eher zurückhaltend ist, bleibt einem in den nächsten 50 Minuten von „Never Let Me Go“ erhalten. Außerdem werden Sie nicht die offensichtlichen Hits wie „Every Me Every You“, „Bitter End“, „Nancy Boy“ oder irgendeine der anderen Singles finden, die diese Band großartig gemacht haben. Macht nichts, denn der Verlauf des Albums ist interessant genug, dass man es sich gerne öfter ohne Oversong anhört.

Traumwitwe – Traumwitwe

Dave Grohl wurde als Schlagzeuger von Nirvana bekannt und gilt trotz des meist zahmen Dad-Rocks der Foo Fighters als Arena-Rocker. Doch im Herzen des Musikers steckt ein Headbanger. Vor gut 20 Jahren nahm er unter dem Projektnamen Probot in Eigenregie ein Album auf, auf dem bekannte Metal-Sänger wie Lemmy Kilmister oder Max Cavalera den Gesang übernahmen.

Passend zum Foo Fighters-Horrorfilm „Studio 666“ ist ab sofort ein neues Metal-Album erhältlich. Diesmal unter dem Namen Dream Widow. Das Black- und Death-Metal-typische Gekritzel sollte schon im Vorfeld deutlich machen, dass es hier hart zur Sache gehen wird. Irgendwo zwischen Thrash, Groove und Sludge kann man diese acht Tracks einordnen. Grohl grölt die meiste Zeit. Vom teils langweiligen Alternative Rock der Foos ist wenig zu hören.

Aber diese Platte will mich nicht wirklich abholen. Es scheint zu gewollt. Grohls Probot-Projekt sollte stattdessen abgestaubt werden. Ich meine, da waren ein paar Cracker drin. Aber es ist lange her…

Keith Richards – Haupttäter

Aktuell laufen die Neuauflagen etwas aus dem Ruder. Gerade bei den Rolling Stones und ihrem Gefolge kommt hin und wieder ein altes Album mit neuem Look/Sound/Gewand heraus, manchmal wird auch mal ein alter Live-Mitschnitt aus den Archiven gezogen, aber hin und wieder lohnt es sich. So geschehen bei Keith Richards Solowerk „Main Offender“.

Das Album von 1992 wurde zwischen den Stones-Alben Steel Wheels und Voodoo Lounge veröffentlicht. Kommerziell war „Main Offender“ kein Hit, aber das Songmaterial selbst war ziemlich stark. Manchmal überraschend rockig und dreckig. Die Neuauflage des Albums zum 30-jährigen Jubiläum wird durch eine Live-Aufnahme aus London von 1992 ergänzt. Auch in Sachen Sound hat sich einiges getan und so erlebt man „Main Offender“ klanglich druckvoller als im Original.

Alle Alben wurden am 25. März 2022 in digitaler und physischer Form veröffentlicht. Wir treffen uns wieder!