Nach einem Amoklauf in Heidelberg erliegt ein Opfer seinen Verletzungen

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Nach einem Amoklauf in Heidelberg erliegt ein Opfer seinen Verletzungen

Heidelberg. Bei einem Amoklauf in einem Hörsaal der Universität Heidelberg hat ein 18-jähriger Student eine junge Frau erschossen und drei weitere Menschen verletzt. Der Täter sei während der laufenden Vorlesung am Montagnachmittag mit einer Schrotflinte in den Hörsaal gestürmt und habe herumgeschossen, teilte die Polizei mit.

Der in Mannheim lebende deutsche Staatsbürger habe der jungen Frau in den Kopf geschossen, erfuhr die dpa aus Sicherheitskreisen. Sie erlag wenige Stunden nach der Tat ihren Verletzungen. Die Politik sei entsetzt über das Verbrechen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin: „Es zerreißt mir das Herz.“

Schütze kündigte seine Aktion via Whatsapp an

Nach der Tat sei der 18-Jährige aus dem Universitätsgebäude geflüchtet und habe sich umgebracht, teilte die Polizei mit. Kurz vor dem Amoklauf soll er seine Tat angekündigt haben. Er habe eine Whatsapp-Nachricht an „eine Person“ geschickt und geschrieben, „dass Menschen jetzt bestraft werden müssen“, sagte Siegfried Kollmar, Polizeipräsident in Mannheim, am Abend. Was passiert sei, sei „an Tragödie nicht zu überbieten“.

Nach ersten Erkenntnissen soll der Täter laut Sicherheitskreisen keine politischen oder religiösen Motive gehabt haben. Man geht eher von einem Beziehungsakt oder psychischen Problemen aus. Zum Motiv machten die Ermittler noch keine Angaben. Dafür sei es noch zu früh, sagte Andreas Herrgen, Leiter der Staatsanwaltschaft Heidelberg.

Er erwarb Waffen im Ausland – ohne Waffenschein

Der mutmaßliche Täter hatte zwei Schusswaffen bei sich, die Tatwaffe war eine Schrotflinte. Nach aktuellem Kenntnisstand hat er die Waffen vor wenigen Tagen selbst im Ausland gekauft. Kaufbelege sind vorhanden. Nun muss geklärt werden, wer jemandem ohne Waffenschein eine Waffe verkauft.

Zudem soll der Mann mehr als 100 Schuss Munition in seinem Rucksack gehabt haben. Warum er mit dem Schießen aufgehört habe, sei noch nicht bekannt, sagte Kollmar. Das ist spekulativ. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine bestimmte Person getroffen wird. Der 18-Jährige hätte nachladen können.

Der Täter war der Polizei noch nicht bekannt

Der junge Mann wurde noch nicht von der Polizei erfasst. Er hatte auch keinen Führerschein. „Es ist sehr ungewöhnlich, diese Situation“, sagte der Polizeichef.

Weil bei der Leiche des jungen Mannes ein Rucksack mit unbekanntem Inhalt lag, konnte die Polizei den Toten lange nicht erreichen. Es könnte Sprengstoff gewesen sein, erklärte Kollmar. Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg schickte deshalb auch Entschärfer zur Untersuchung des Rucksacks.

Schnell war klar: Der 18-Jährige ist ein Einzeltäter

Kurz nach den Schüssen am Mittag teilte die Polizei mit: „Wir gehen nicht davon aus, dass es weitere Täter geben wird.“ Sicherheitshalber wird das Gebiet weiter abgesucht. Ein Spezialeinsatzkommando suchte das labyrinthartige Gelände nach einem möglichen zweiten Täter ab. Gegen 15.15 Uhr gab es Entwarnung: Bei dem Mann handelte es sich um einen Einzeltäter. „Aktuell besteht keine Gefahr mehr.“

Das Neuenheimer Feld vor den Toren der Heidelberger Altstadt wurde am Nachmittag abgesperrt. Die Polizei richtete eine Hotline für Angehörige ein. Auf dem Campus der Universität parkten Dutzende Polizeiautos und Krankenwagen. Jugendliche standen gemeinsam vor den Absperrungen.

Schockiert und zutiefst traurig: Studierende und Politiker

Die Schülerschaft war fassungslos. „Wir sind unendlich geschockt. Das ist eine Katastrophe, die zwischen Vorlesungen, Prüfungen und Unileben alles Denkbare entzieht», sagte der Vorsitzende Peter Abelmann.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann zeigte sich tief besorgt und versprach eine schnelle Aufklärung des Verbrechens. „Meine Gedanken sind bei den Familien und ihren Angehörigen. Wir sind an Ihrer Seite.» Innenminister Thomas Strobl (CDU) fügte hinzu: „Für die Verletzten und Beteiligten, auch für diejenigen, die in der Einschulung waren, hoffe ich auf eine baldige Genesung an Leib und Seele.“ Es sei eine „furchtbar belastende Situation“.

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) besuchte am Nachmittag den Tatort und zeigte sich geschockt: „Ich bin entsetzt. Es macht einen sprachlos, wenn unschuldige junge Menschen so etwas im Unialltag erleben müssen.“

Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) sprach den Opfern und ihren Angehörigen sein Beileid aus. „Wir waren nicht nur fassungslos, wir können es eigentlich gar nicht glauben, dass so etwas hier in Heidelberg passiert.“

Wahrgenommener Angriff auf die Offenheit der Universitäten

Die Universität bereitet eine Trauerfeier vor. Konkrete Pläne konnte Rektor Bernhard Eitel am Montagabend noch nicht benennen. Auch die Uni überlege, wie die Tat intern aufgearbeitet werden könne. Den ganzen Tag über erreichten ihn Nachrichten von Wissenschaftlern aus ganz Europa, die das Geschehen in Heidelberg verfolgten und Hilfe anboten. Es wird auch als Angriff auf die Offenheit der Universitäten und die akademische Tradition empfunden.