Technik – Notizen durchs Netz: Musizieren auf Distanz – Wissen

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Technik – Notizen durchs Netz: Musizieren auf Distanz – Wissen

Berlin (dpa/tmn) – Viel Zeit zu Hause: Seit Beginn der Pandemie ist das die neue Normalität. Bedauerlicherweise. Das stellt Hobbymusiker vor neue Herausforderungen, eröffnet aber auch Chancen. Musik machen auf Distanz ist das Neue, mit Online-Unterricht, Lernvideos oder auf Online-Plattformen.

„Ich habe seit über zehn Jahren einen Schüler, der in der Schweiz lebt, den ich nie im wirklichen Leben getroffen habe“, berichtet Konstantin Gutmann, Gründer einer Online-Musikschule. Durch die Pandemie sind deutlich mehr Studierende auf diese Art des Lernens aufmerksam geworden.

Alles, was Sie für den Instrumental-Fernunterricht benötigen, ist ein Computer mit Webcam und eine stabile Internetverbindung über ein LAN-Kabel. Der wöchentliche Unterricht findet dann über eine Videokonferenzsoftware statt. Wichtig sei, dass die Kamera bzw. die Lernenden richtig zur Kamera positioniert seien, sagt Gutmann.

Gemeinsames Musizieren ist schwieriger

Online-Unterricht funktioniert theoretisch mit allen Instrumenten. Laut Gutmann gibt es aber Instrumente, bei denen man etwas näher an die Webcam herangehen muss, damit die Hände an der richtigen Stelle und damit gut sichtbar sind. Ein großer Nachteil ist die akustische Verzögerung, die es praktisch unmöglich macht, zusammen zu spielen oder zu singen.

„Ich löse das, indem ich viele Backtracks mache“, sagt Gutmann. „Ich nehme viel auf und schicke es dann als mp3 an meine Schüler. Mit dieser Aufnahme von mir können sie dann zusammen spielen.“

Der Musikwissenschaftler Matthias Krebs hingegen weiß, dass viele Musiker während der Pandemie gute Erfahrungen mit den Plattformen Jamulus oder Sonobus gemacht haben. Dort können Sie ohne Verzögerung gemeinsam Musik über die Distanz abspielen, denn durch den Verzicht auf Video müssen weniger Daten ausgetauscht werden. „Außerdem sind Jamulus und Co einfach auf Ton und Tonübertragung optimiert“, sagt Krebs.

Lernen per YouTube-Tutorial

Seit Beginn der Pandemie haben sich nicht nur Profis, sondern auch viele Musikamateure aus der Not heraus mit digitalen Technologien auseinandergesetzt. Für viele Pädagogen war es auch ein Impuls, diese Ressourcen und Methoden weiter zu nutzen. Vor der Pandemie gab es relativ wenige Instrumentallehrer, die Erfahrung mit dem Online-Unterricht hatten.

Du kannst ein Instrument auch lernen, indem du dir YouTube-Videos ansiehst. Das Spektrum an unterschiedlichen Ansätzen ist groß. „YouTube-Tutorials sind eine interessante Möglichkeit, ein Instrument zu lernen“, sagt Krebs, „weil man eine Vielzahl von Spieltechniken kennenlernen und sich inspirieren lassen kann, was über einen Gitarrenlehrer hinausgeht.“

Er weist jedoch darauf hin, dass es vielen Schülern schwer fällt, den körperlichen Aspekt des Musizierens zu verstehen. Darauf kann der eigene Musiklehrer ganz anders reagieren. „Er kann Feedback zum Spiel des Lernenden geben und auch problembezogene Möglichkeiten aufzeigen, Spielbewegungen besser auszuführen.“

Echte Lehrer sind immer besser

Auch wenn im Online-Bereich immer wieder neue Lehrmethoden entwickelt werden, ist es natürlich etwas ganz anderes, wenn man sich im Unterricht persönlich begegnet, sagt Katrin Bock, Pädagogin und Programmleiterin beim Lugert Musikverlag: „In Kommunikationsprozessen hilft es sehr wenn der Lehrer eine direkte Reaktion des Schülers sehen kann.“

Insgesamt sind Musiklehrer nach Bocks Erfahrung sehr bereit, sich digital weiterzubilden, um ihre Schüler mit neuen digitalen Mitteln zu erreichen. Was die Motivation zum Üben angeht, ist aber wahrscheinlich ein echter Lehrer, der direkt beim Spielen merkt, ob geübt wurde oder nicht, hilfreicher.

© dpa-infocom, dpa:220126-99-860771/3