Stuttgart/Pforzheim/Enzkreis/Kreis Calw. Obwohl die Infektionszahlen stark steigen, lockert Baden-Württemberg ab diesem Freitag seine Corona-Regeln. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag am Donnerstag erstmals bei über 1000. Doch der steile Anstieg der Infektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche hat sich noch nicht auf die Krankenhäuser und Intensivstationen im Südwesten ausgewirkt. Experten gehen davon aus, dass die neue Variante des Omicron-Virus zu den vielen Neuinfektionen führt. Allerdings soll Omikron deutlich milder sein, was die aktuell stagnierenden Zahlen in den Krankenstationen erklären könnte.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat wiederholt davor gewarnt, Omikron auf die leichte Schulter zu nehmen. Bei der Bekanntgabe der neuen Corona-Verordnung am Donnerstag erinnerte das Staatsministerium: „Aufgrund der sehr hohen Infektionszahlen ist eine erneute starke Belastung des Gesundheitssystems nicht auszuschließen.“ Dennoch sieht die Verordnung leichte Lockerungen vor, die ab diesem Freitag gelten sollen.
Grün-Schwarz setzt damit das reguläre Stufensystem wieder in Kraft und lockert damit die Maßnahmen in vielen Lebensbereichen leicht. Es gilt nur die Alarmstufe, die zweithöchste Stufe. So muss beispielsweise in Restaurants, Museen und beim Sport in Hallen nur die 2G-Regel eingehalten werden. Zuvor mussten auch Geimpfte und Genesene einen Test vorweisen. Bei Sport- und Kulturgroßveranstaltungen sind wieder mehr Besucher zugelassen – die Obergrenze liegt bei 6.000, wenn am Eingang die 2G plus-Regelung gilt.
Auch für Ungeimpfte gibt es Erleichterungen. Die nächtlichen Ausgangssperren entfallen, wenn die normale Alarmstufe zurückkehrt. Seit Mitte der Woche dürfen Ungeimpfte aufgrund eines Gerichtsbeschlusses wieder einkaufen gehen, wenn sie einen aktuellen Test dabei haben. Friseure und Barbershops müssen künftig keinen PCR-Test mehr vorweisen, ein Antigen-Schnelltest reicht aus, wie das Staatsministerium am Donnerstag in Stuttgart mitteilte.
Das reguläre Stufensystem muss wieder eingeführt werden
Hintergrund der Lockerungen ist, dass die Regierung aus Grünen und CDU das Regelstufensystem wieder in Kraft setzen muss. Zuletzt hatte sie wegen Omicron Alarmstufe II mit starken Einschränkungen eingefroren. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hält dieses Vorgehen jedoch für rechtswidrig. Experten sagen, dass Omikron zwar einen weniger schweren Krankheitsverlauf hat, aber deutlich ansteckender ist. Weil die Belastung der Krankenhäuser in den vergangenen Wochen relativ zurückgegangen ist, muss die Regierung die Maßnahmen etwas lockern.
Aber wegen Omikron gibt es auch Verschärfungen innerhalb der jetzt wieder geltenden Alarmstufe. In Bussen und Bahnen gilt ab 18 Jahren eine FFP2-Maskenpflicht. Clubs, Diskotheken und clubähnliche Orte müssen wegen der erhöhten Ansteckungsgefahr geschlossen bleiben. Gleiches gilt für Messen und Ausstellungen. Auch Faschingsumzüge sind verboten, was bei den Vereinen für großen Unmut sorgte.
Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg um 54,8 auf 1024,1. Zum Vergleich: Vor einer Woche lag die Inzidenz bei 667,2. Dies wirkt sich jedoch noch nicht auf die Intensivstationen des Landes aus. 276 Covid-Patienten wurden dort behandelt, zwei weniger als am Vortag. Das ist ein weiteres Minus von 21 im Vergleich zum vergangenen Donnerstag. Die Hospitalisierungsinzidenz, also die Zahl der Corona-Infizierten pro 100.000 Einwohner, die innerhalb einer Woche in eine Klinik kamen, blieb bei 4,9.
Die Omicron-Variante des Coronavirus hat sich im Südwesten mittlerweile fast vollständig etabliert. In der dritten Januarwoche gingen 93,4 Prozent aller mit dem variantenspezifischen PCR-Test getesteten Proben auf diese Variante zurück. Dadurch ist Omikron innerhalb weniger Wochen auch im Südwesten dominant geworden.
