Übergangsfrist für das Hochschulgesetz: Postdocs sollen ab 2023 unbefristet angestellt werden – Wissen

Startseite » Übergangsfrist für das Hochschulgesetz: Postdocs sollen ab 2023 unbefristet angestellt werden – Wissen
Übergangsfrist für das Hochschulgesetz: Postdocs sollen ab 2023 unbefristet angestellt werden – Wissen

Für die umstrittene Postdoc-Regelung wird im Berliner Hochschulgesetz eine Übergangsfrist eingeführt. Forschende sollen erst im September 2023 eine verbindliche Perspektive auf eine Festanstellung haben. Das ist der Kern der lang erwarteten „Klarstellung“ des entsprechenden Passus im Hochschulgesetz.

Wörtlich heißt es im Ministerialentwurf, der dem Tagesspiegel vorliegt, dass der entsprechende Passus „für Erstbesetzungen gilt, die ab dem 1. Oktober 2023 erfolgen“. Das bedeutet, dass Postdocs – also Forschende, die bereits promoviert sind und sich im Habilitationsverfahren befinden – nur profitieren, wenn sie nach Ablauf der Frist eingestellt werden.

Hitzige Diskussionen an den Hochschulen

Die neue Regelung war im vergangenen Sommer von den rot-grün-roten Mitgliedern der Regierungskoalition in letzter Minute eingebracht und verabschiedet worden, ohne dass die Passage zuvor mit der Senatskanzlei diskutiert worden wäre. Postdoktoranden in einer berufsqualifizierenden Stelle hätten bei Inkrafttreten des Gesetzes Anspruch auf eine Festanstellung. Zunächst war keine Übergangsfrist vorgesehen.

Die Reform führte zu heftigen Diskussionen an den Universitäten. Während die Regelung als überfällige Reaktion auf prekäre Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft, insbesondere im wissenschaftlichen Mittelbau, begrüßt wurde, gab es Proteste, vor allem von Professorinnen und Professoren und der Hochschulleitung. Eine Festanstellungsgarantie ist nicht umsetzbar und nicht finanzierbar. Sabine Kunst, die Präsidentin der Humboldt-Universität, trat aus Protest gegen die Gesetzesänderung sogar zurück.

Schon damals hatten die Abgeordneten von Linke, SPD und Grünen Änderungen angekündigt, die sie „Klarstellungen“ nannten. Diese sind auch Teil des 100-Tage-Programms von Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Grüne). Die neue Formulierung ist jetzt als „Reparaturnovelle“ bekannt.

Für diese Forschenden gilt die Reform

Der zweite wichtige Punkt ist die Klarstellung, dass die Dauerverpflichtungen nicht für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gelten, die „überwiegend aus Drittmitteln oder aus Programmen des Bundes und der Länder oder des Landes Berlin finanziert werden“. Das bedeutet unter anderem, dass auch Postdocs, die an Projekten der Berlin University Alliance arbeiten, nicht unbefristet eingestellt werden. Wegen der Unklarheit über den Status der HKB-Mittel wurde dort die Rekrutierung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bereits verschoben.

Zudem wird nun explizit festgehalten, dass der Arbeitsvertrag ein Qualifizierungsziel beschreiben muss, das die Forschenden erreichen sollen. Die Hochschulen sollten die Bedingungen, unter denen die Qualifikationsziele erreicht werden sollen, in eigenen Satzungen festlegen. Die vorgeschlagene Stelle muss auch den Qualifikationszielen entsprechen.

Staatssekretär: Absicht „sehr positiv“

Armaghan Naghipour, Staatssekretär für Wissenschaft in Berlin, betont, dass die ursprüngliche Intention des reformierten Hochschulgesetzes insgesamt „sehr positiv“ zu bewerten sei: „Es bietet einen Ansatz zur Lösung des Grundproblems der Personalstrukturen an Hochschulen große Belastung für viele Generationen junger Wissenschaftler.“

Wichtig ist ihr nun die Klarstellung, dass es nach der Qualifizierungsphase eine Festanstellung geben soll, wenn die gemeinsam von Hochschule und Forschenden gesetzten Qualifizierungsziele erreicht sind: „Die Idee des Tenure Track wurde bisher nicht explizit genug verankert , das wird jetzt ausdrücklich gesagt.“ Für Beschäftigte in Programmen, an denen auch der Bund beteiligt ist, ist der Bund verpflichtet, sich auch an der Ermöglichung von Folgelösungen zu beteiligen.

Staatssekretär für Wissenschaft Armaghan Naghipour.Foto: Promo

Alle Beteiligten waren sich einig, dass die Übergangsfrist notwendig war. Hochschulen sollten die Möglichkeit haben, die Rechtsfolgen angemessen zu diskutieren. Der Senat erwartet zudem, dass die Hochschulen bis September 2023 ihre Satzungen zu den Qualifizierungszielen vorlegen. Für alle, die bereits einen bestehenden Vertrag haben, sollten die Hochschulen prüfen, inwieweit die neuen Regelungen auch auf sie anwendbar sind.

Doch gerade die Übergangszeit ist für viele Postdocs enttäuschend. Recht schnell nach der Verabschiedung des Gesetzes kündigten die Koalitionsabgeordneten an, dass eine solche Übergangsfrist kommen könnte, um den Hochschulen die Umsetzung zu erleichtern. Doch die Erwartungen vieler Postdocs waren andere: Dass am Ende alle eine Festanstellung bekommen – auch diejenigen, die bereits an der Universität sind. Davon ist der Vorschlag des Senators weit entfernt.

Kritik kommt von der GEW

Die GEW Berlin nannte das Design eine „völlige Enttäuschung“. „Der Berliner Senat gibt den Hochschulen nach“, erklärte Martina Regulin, Vorsitzende der GEW. Dass die Regelung nur für diejenigen gelten soll, deren „Erstbeschäftigung“ nach Abschluss der Promotion nach dem 1. Oktober 2023 erfolgt, sei „ein Schlag ins Gesicht aller Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die derzeit an den Hochschulen lehren und forschen und sich berechtigte Hoffnungen gemacht haben Festanstellung mit der Reform“. Der Unmut sei groß, man fühle sich „von der Koalition hinters Licht geführt“, erklärte Regulin.

Die GEW kritisiert zudem, dass nicht nur Forschende in echten Drittmittelprojekten ausgeschlossen werden, sondern auch diejenigen, die in Bundes- oder Landesprojekten arbeiten. Die Gewerkschaft fordert den Senat daher „dringend“ auf, den Gesetzentwurf zu ändern.

Tobias Schulze, wissenschaftspolitischer Sprecher der Linksfraktion, sagte auf Nachfrage, eine Übergangsfrist bis zum Wintersemester 23/24 sei eigentlich eine „relativ lange Zeit“: „Für die Betroffenen steht Druck im Kessel. Ich möchte nicht, dass in den kommenden Jahren nichts passiert.“

Er plädiert dafür, dass eine rechtliche Lösung nicht nur neue Verträge beinhaltet, sondern auch eine Initiative für bereits angestellte Postdocs bietet. Zu klären ist auch, ob für die Festanstellung Stellen zur Verfügung stehen, die der Qualifikation der Forschenden entsprechen.