Ukrainische Frauen auf der Flucht: Ex-Prostituierte: Zuhälter und Kunden warten schon – Region & Land

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Ukrainische Frauen auf der Flucht: Ex-Prostituierte: Zuhälter und Kunden warten schon – Region & Land

Zehntausende fliehen aus der Ukraine. Foto: Kay Nietfeld/dpa


Zehntausende Ukrainer fliehen derzeit vor den Kriegswirren ins vermeintlich sichere Deutschland. Fast ausschließlich Frauen und Kinder. Hierzulande werden sie von Freiwilligen erwartet. Aber auch von Menschenhändlern. Und Freier, von denen manche im Netz offen ihre Hoffnung auf „Nachschub“ für die Bordelle äußern.

„Endlich eine willkommene Flüchtlingswelle“, freut sich einer. Eine weitere Premiere bietet einen anschaulichen Bericht über seine bevorzugten Sexpraktiken, bevor er zur Ukraine-Krise übergeht. „…Krieg ist immer irgendwo. Ich denke vor allem an all die jungen ukrainischen Frauen, die bald hier sein werden… es wird eine Party!!“. Ein anderer will wissen, ob die Vergewaltigungen in der Ukraine schon begonnen haben. Im Krieg sei schließlich alles erlaubt, schrieb er. Er bittet um Bilder und Videos. Wieder andere hoffen auf sinkende Preise in den Bordellen: „Im schlimmsten Fall kommen die alle zu uns und machen den Rumänen Konkurrenz.“ Ein Blick in den Abgrund. In Menschenseelen, in denen es keine Empathie mehr gibt. Huschke Mau kennt diese Beiträge. Sie hat sie zusammengefügt. Auf Twitter, Reddit oder in einschlägigen Freelancer-Foren.



Passenderweise ging der Suchbegriff „ukrainian girl“ bereits am Tag der Invasion bei Google durch die Decke. Auf Portalen wie Pornhub wird vermehrt nach Videos mit dem Stichwort „Kriegsvergewaltigungen in der Ukraine“ gesucht. Und Medienberichte über Menschenhändler bereits an der polnischen Grenze Warten auf die Frauen, die vor Krieg und Gewalt geflohen sind. Doch auch an Bahnhöfen in Berlin behält die Bundespolizei inzwischen zwielichtige Gestalten im Auge, die den gerade angekommenen ukrainischen Frauen „Schlafplätze“ anbieten. Wer den Beamten verdächtig vorkommt, wird des Weges gewiesen. Einige der Männer gingen so weit, den Freiwilligen vor Ort Geld für die Vermittlung einer Frau anzubieten. „Sie stehen direkt am Bahnhof und warten nicht einmal darauf, dass die Frauen registriert und in die Unterkunft gebracht werden“, sagt Mau. Das klingt sogar nach der ehemaligen Prostituierten und engagierten Pionierin für das nordische Modell (Anmerkung dR: Das Freiheitsverbot und die Zuhälterei am Beispiel Schwedens) Unglauben durch. „Es ist großartig. So habe ich es noch nie gesehen. Und ich habe schon viel gesehen.“

Menschenhändler warten „wie Geier“

Eine Freundin von ihr lebe in Kiew, sagt Mau. Die Freundin will nicht fliehen, freut sich aber über jedes Kind, jede Frau, die es ins vermeintlich sichere Deutschland schafft. Die Dankbarkeit der Freundin für die Hilfsbereitschaft hierzulande – für Huschke Mau derzeit kaum zu ertragen. „Wie soll ich ihr sagen, dass die Menschenhändler hier wie die Geier warten? Ich finde das so beschämend.“

Deutschland, sagt Mau, sei das Ziel Nummer eins für Menschenhandel. Das Geschäft läuft gut. Im Rotlichtmilieu werden Milliarden verdient. Auch oder gerade weil die organisierte Kriminalität im Schatten der 2002 beschlossenen Legalisierung der Prostitution boomt. Rund 1,2 Millionen Männer suchen nach Schätzungen des Bundesfamilienministeriums regelmäßig eine Prostituierte auf. Die liberale Gesetzgebung erschwert es den Behörden, Zwangsprostitution aufzudecken. Mau bestätigt, dass viele Zwangsprostituierte regelmäßig registriert werden. Hatte es nicht gewagt, ihre Peiniger anzuzeigen. Vor gut einem Jahr zog die SPD-Bundestagsabgeordnete Leni Breymeier in die 3Sat-Doku ein „Prostitution: Kein Job wie jeder andere“ bitteres Fazit: „Deutschland ist das Bordell Europas.“

„Wir müssen über Freiheit reden“

„Wenn wir jetzt nicht handeln“, stellt Mau klar, „sind wir in zwei, drei Jahren das Land, das den Ukraine-Krieg auf die widerlichste Weise ausgenutzt hat, die es gibt.“ Sie müssen die Ukrainer über die Gefahr informieren. Strafverfolgung von Helfern, die alleinreisende Frauen gegen Geld vermittelt haben. „Und wir müssen über Freiheit reden. Freiheit bedeutet, dass Männer Frauen nicht mehr als Menschen sehen, sondern als Vieh. Wir müssen uns fragen, wie lange wir als Gesellschaft wegschauen wollen. Wir alle leben mit diesen Männern unsere Chefs, Ehemänner oder Brüder.“




Organisationen wie die Beratungsstelle „JADWIGA“ warnen nun Ankommende an Bahnhöfen und in Flüchtlingsunterkünften vor der drohenden sexuellen Ausbeutung. Die Organisation, die sich seit Jahrzehnten für Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution einsetzt, hat eine Präventions- und Informationskampagne für alleinreisende Frauen und Mädchen, verteilte Flyer auf Ukrainisch, Englisch und Deutsch. Die Beratungsstelle mahnt Frauen, auf ihre Pässe und Handys zu achten, Namen und Adressen von Gastgebern aufzuschreiben und Frauen auch nicht blind zu vertrauen. Menschenhändler sind nicht nur Männer.

Infos: Husche Mau

Huschke Mau floh mit 17 Jahren vor ihrem gewalttätigen Stiefvater und rutschte in die Prostitution. Nach zehn Jahren schafft sie den Sprung. Heute setzt sie sich für ein Zuhälterverbot und Freiheit nach nordischem Vorbild ein, arbeitet als Autorin, Journalistin und schreibt an ihrer Dissertation. Ihre Geschichte erzählt sie nun in dem Buch „Dehumanized: Why we have to abolate prostitution“.