Umwelt – Nasse Moore – Starke Mittel gegen den Klimawandel – Wissen

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Umwelt – Nasse Moore – Starke Mittel gegen den Klimawandel – Wissen

Hamburg/Berlin (dpa) – Aus dem sumpfigen, flachen Moorsee ragen noch morsche Stümpfe längst abgestorbener Birken als Zeugnis früherer Entwässerung. Hier wachsen seit langem wieder Torfmoose.

Das kleine Wittmoor an der Grenze zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein ist ein Beispiel für gelungene Renaturierung. Vor Jahrzehnten wurden nach dem Torfabbau die Entwässerungsgräben wieder verschlossen und der Wasserspiegel angehoben.

Deutschland hat inzwischen erkannt, dass die Entwässerung und landwirtschaftliche Nutzung von Mooren erheblich zum Ausstoß der klimaschädlichen Gase Kohlendioxid (CO2) und Lachgas (N2O) beiträgt. Mit rund 53 Millionen Tonnen Treibhausgasen im Jahr 2019 waren das laut Bundesregierung knapp sieben Prozent aller Emissionen in Deutschland.

Gute Kohlenstoffspeicher

„Moore sind global gesehen die wichtigsten Kohlenstoffspeicher, da können Wälder nicht mithalten“, sagt Tom Kirschey, Moorexperte der Umweltorganisation Nabu. Sie nehmen etwa drei Prozent der Landfläche der Erde ein und sind noch weitgehend intakt.

Nach Angaben der Universität Greifswald liegen 78 Prozent der deutschen Moore in der Norddeutschen Tiefebene und 20 Prozent im Alpenvorland. Die Gesamtfläche der Torfböden in Deutschland wird auf 14.190 Quadratkilometer (km²) geschätzt. Etwa 65 Prozent werden landwirtschaftlich genutzt.

Das Problem bei Trockenmooren – laut Kirschey sind davon 98 bis 99 Prozent der Flächen in Deutschland betroffen – ist der natürliche Abbau der organischen Bodenschicht unter Sauerstoffeinfluss. „Die Aufgabe besteht darin, dies in kürzester Zeit rückgängig zu machen.“ Kommt der Torf wieder unter Wasser, wird der Zersetzungsprozess gestoppt. Nach einiger Zeit beginnt die Speicherung von Kohlenstoff aus der Atmosphäre, weil Torfmoos nachwächst und damit langfristig neuer Torf.

Allein das Bundesumweltministerium will in den nächsten zehn Jahren 48 Millionen Euro in vier Pilotprojekte zum Schutz der Moore investieren. Dabei geht es um die Bewirtschaftung wiedervernässter Moore in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Brandenburg und Bayern. Bundesweit gibt es zahlreiche Projekte zur Moorrenaturierung.

Renaturierung

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat sich zum Ziel gesetzt, die jährlichen Emissionen in diesem Bereich bis 2030 um 5 Millionen Tonnen CO2 zu reduzieren. „Ich wünsche mir, dass wir bei der Wiedervernässung und Renaturierung von Mooren schneller vorankommen.“ Als Naturschützerin war sie von der letzten Bundesregierung sehr enttäuscht. Das Moorschutzkonzept wurde nicht von allen Ressorts gemeinsam verabschiedet. „Für mich ist das Wichtigste, dass wir die Praxis beschleunigen und den Naturschutz besser voranbringen“, sagt Lemke.

Die Herausforderung ist riesig. Nach dem Pariser Klimaziel und dem EU-Klimaziel müssten bis 2045 alle Moore in Deutschland wieder nass gemacht werden, sagt Nabu-Experte Kirschey. „Wir müssen Lösungen für Landbesitzer und Landnutzer finden.“

Nicht mehr entwässerte Moore können weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden. Dadurch kann Schilf gezüchtet werden, das als Schilf für Dacheindeckungen dient. Laut dem Greifswalder Moorzentrum kann die Biomasse von Niedermooren zur Energiegewinnung genutzt werden. Schilf könnte daher für neue Baustoffe und Torf als Torfersatz im Gartenbau verwendet werden.

Wasserbüffel statt Milchkühe

Statt auf Milchkühe könnten Bauern künftig auf Wasserbüffel setzen, die in Feuchtgebieten gedeihen und auch deren Vegetation fressen, sagt Kirschey. In Brandenburg zum Beispiel ist das bereits ein gutes Geschäft, das ausgebaut wird.

Die Umstellung muss entsprechend gefördert werden. Die europäischen Agrarsubventionen sollten entsprechend angepasst werden. „Damit wir in Zukunft eine moorfreundliche Landwirtschaft fördern und nicht mehr die Zerstörung von Mooren subventionieren.“

In Schleswig-Holstein hat die Stiftung Naturschutz bereits zahlreiche Moorflächen erworben und wiedervernässt. Bis 2030 sollen es weitere 200 Quadratkilometer werden. In Erfde, in der Niederung der Flüsse Eider, Treene und Sorge, entsteht in Zusammenarbeit mit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ein landwirtschaftlicher Musterbetrieb. Der Bund fördert das Projekt mit mehr als zwölf Millionen Euro.

© dpa-infocom, dpa:220201-99-929238/4