Wissenschaft – Göttingen – Forscher warnen: Genetische Vielfalt bei Rotwild ist sehr gering – Wissen

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Göttingen (dpa) – Die genetische Vielfalt von Rothirschen in Deutschland ist einer Studie zufolge vielerorts sehr gering. Viele der Tiere leben in zu kleinen isolierten Gruppen. Bundesweit sind nur zwei der 34 untersuchten Vorkommen groß genug, um langfristig vor Inzucht zu schützen, wie Wissenschaftler der Universität Göttingen berichten.

Für die Tiere könne der geringe genetische Austausch gesundheitliche Folgen wie Fehlbildungen haben, sagte Co-Autor Niko Balkenhol vom Fachbereich Wildtierwissenschaften der Universität. Im schlimmsten Fall könnte dies zum Erlöschen eines Ereignisses führen. Ist der Genpool zudem zu klein, verlieren die Tiere ihr Potenzial, sich an Veränderungen wie den Klimawandel anzupassen.

Der Deutsche Jagdverband (DJV), der die Studie finanzierte, teilte mit, dass die Verkürzung des Unterkiefers bereits von sehr isolierten Rothirschbeständen in Schleswig-Holstein und Hessen bekannt sei. Laut Balkenhol ist dies ein Indiz dafür, dass das Problem schon seit vielen Jahren besteht.

Der Rothirschbestand in Deutschland war den Wissenschaftlern zufolge historisch gesehen schon immer vergleichsweise klein und daher stärker von der Isolation und ihren negativen Folgen betroffen als die Bestände vieler anderer Tierarten.

Für die Studie wurden 34 Rothirschvorkommen untersucht. Demnach gibt es bei einer als ausreichend groß eingestuften Population ab 500 Tieren nur noch zwei Bestände. „Mit dieser Tierzahl ist eine langfristige genetische Vielfalt sichergestellt“, so Balkenhol. Bei den anderen Beständen sind die Bestände so gering, dass Inzucht zwischen den Tieren trotz Vermeidungsinstinkt manchmal unvermeidlich ist.

Die Forscher fanden auch heraus, dass nur 12 Ereignisse ausreichend mit anderen Ereignissen verbunden sind. „Es spielt keine Rolle, ob einzelne Vorkommen aus weniger als 500 Tieren bestehen. Durch die Vernetzung kann die Population auch effektiv auf über 500 Tiere gesteigert werden“, erklärt der Forscher. In Deutschland sind der Studie zufolge die Rothirschvorkommen jedoch vor allem im Süden und Westen nicht vernetzt – sie sind beispielsweise durch Straßen und Siedlungen isoliert.

Der DJV fordert, das bestehende Förderprogramm des Bundes zur Wiederanbindung mit einem Jahresbudget von 50 Millionen Euro auszustatten, damit jährlich mindestens zehn Wildtierbrücken oder ähnliche Bauwerke errichtet werden können. Davon profitierten auch andere Tierarten.

© dpa-infocom, dpa:220316-99-539276/2