Köln (dpa) – Gerhard Richter wird an diesem Mittwoch (9. Februar) 90 Jahre alt. Über solche Anlässe spricht er leider nicht gerne, weil er sich grundsätzlich gegen jede mediale Aufmerksamkeit wehrt.
Kannst du wenigstens so weit gehen zu sagen, dass er im kleinen Familienkreis feiern wird? Ja, das ist auf jeden Fall richtig, sagt der Jubilar im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Und Wünsche? Er hat keine Wünsche. „Das wäre peinlich. Ich habe alle gewarnt: Ich brauche nichts mehr!“ Gleichzeitig lacht er.
Nicht der Malerprinz-Typ
Er hat alles. Gerhard Richter gilt als der bestbegabteste lebende Maler der Welt und kann daher jeden Wunsch erfüllen. Theoretisch. In der Praxis ist man als hochbetagter, nicht mehr ganz fitter Mensch seit Beginn der Corona-Pandemie weitgehend ans Haus gebunden. Und schon vorher war Richter nie der Typ Malerfürst, der sich feiern lässt, durch die Welt jettet und mit Geld um sich wirft. Vielmehr ist er der unermüdliche Arbeiter, der nie mit sich zufrieden ist. Seine Kunst soll beachtet werden, aber bitte nicht er selbst. Er ist auch nicht wirklich interessant. Er sagt.
„Früher“, seufzte er einmal vor Jahren, „früher hat sich niemand für mich interessiert und ich konnte in Ruhe malen.“ Als sein Ruhm wuchs, zog er sich immer mehr zurück. Sein Haus im Villenviertel Köln-Hahnwald ist durch einen bunkerartigen Atelierblock abgeschirmt. Eine Schutzmauer gegen die Außenwelt. Drinnen ist alles blitzblank aufgeräumt. Das Studio wirkt fast so klinisch wie ein Labor. Das hat auch etwas mit Kontrolle zu tun.
Spaziergänge im Wohngebiet
Das Haus mit Garten dahinter ist für Richter ein „Paradies“. Allerdings wollte nicht jeder in Köln-Hahnwald wohnen. Es ist die Nachbarschaft von ummauerten, eingezäunten Villen, die mit Überwachungskameras verstärkt sind. Um ein Bier oder eine Tüte Chips zu bekommen, muss man ins Auto steigen. Man kann aber relativ ungestört spazieren gehen. Richter war früher mit seinem kleinen Hund hier. Wenn Sie ihn trafen, könnten Sie ihn mit einem Ministerialdirektor im Ruhestand verwechseln. Unauffälliges Auftreten, gepflegt gekleidet, zurückhaltendes Auftreten. Mit solchen Vergleichen macht man sich bei ihm allerdings nicht beliebt.
Gerhard Richter wurde in Dresden geboren und macht noch heute Sächsisch. Nicht stark, aber unverwechselbar. Er floh 1961 aus der DDR in den Westen. Nach Köln kam er eher zufällig: Lange in Düsseldorf gearbeitet, dann in der Nachbarstadt die passende Immobilie gefunden. Seiner Wahlheimat verdankt er unter anderem das Richter-Fenster im Kölner Dom. Dies ist zu einer echten Touristenattraktion geworden.
Richter ist sogar Ehrenbürger der Stadt, was bedeutet, dass er freien Eintritt ins Museum Ludwig hat. Aber er nutzt dieses Privileg nicht. Wenn er eine Ausstellung besucht, kauft er immer eine Eintrittskarte, wie Sie sehen können. Alles andere würde ihm auch nicht passen. Was ist eigentlich sein Lieblingsort in Köln? „Nicht so einfach.“ Kurzer Gedanke. „Die Gegend um den Dom, da gehe ich gerne hin. Und auch die Kirchen in Köln sind sehenswert.“
Es muss ein seltsames Gefühl sein, zu wissen, dass alles, was man in die Hand nimmt, zu Geld gemacht werden kann. Es ist wie im Märchen der Gebrüder Grimm, in dem die Müllerstochter Stroh zu Gold spinnt. Das kann ein Fluch sein. Vor einiger Zeit wurde in Köln ein Mann vor Gericht gestellt, der aus Richters Müll weggeworfene Skizzen fischte. Er wollte sie verkaufen. Bei dieser Gelegenheit erfuhr die Öffentlichkeit, dass Richter seine Altpapiertonne mit misslungenen Arbeiten immer selbst rausstellt.
Das Spätwerk kommt nach Berlin
Von den großen Formaten hat sich der Maler mittlerweile verabschiedet. Wer gesehen hat, wie der schmächtige alte Herr vor einigen Jahren auf eine Klappleiter kletterte, um riesige Leinwände mit einem Rakel zu bearbeiten, wird das nicht verwundern. Eher beruhigend. Jetzt zeichnet er hauptsächlich. „Nichts Besonderes.“
Was er noch besitzt, hat er Berlin geschenkt. Die rund 100 Werke, darunter ein Großteil des abstrakten Spätwerks, gehen an das im Bau befindliche Museum des 20. Jahrhunderts. Im Obergeschoss wird es für ihn ein eigenes Zimmer geben. Erlebt er es noch? Natürlich wäre es schön. Bitte kein Rummel.
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