Auf der heutigen Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) soll beschlossen werden, die Corona-Schutzmaßnahmen in den kommenden Wochen deutlich zu reduzieren. Deutschland befinde sich in einer „neuen Phase der Pandemie“, heißt es in einem Resolutionsentwurf der Süddeutsche Zeitung Geschenk. Die Lockerungen sollen in drei Schritten geschehen: Zunächst sollen die Kontaktbeschränkungen bei privaten Treffen gelockert werden – allerdings nur für Geimpfte und Genesene. Die 2-G-Regel im Einzelhandel soll abgeschafft werden.
In einem zweiten Schritt wird der Zugang zur Gastronomie unter Einhaltung der 3G-Verordnung wieder möglich sein. Diskotheken und Clubs stehen Genesenen und Geimpften mit täglichem Test oder mit einer dritten Impfung (2-G-Plus) offen. In einem letzten Schritt können „alle weitergehenden Schutzmaßnahmen“ entfallen – einschließlich der nach dem Infektionsschutzgesetz zwingenden Homeoffice-Regelungen. Die Maskenpflicht in Innenräumen bleibt aber bestehen, diese gilt künftig als „niederschwellige Grundschutzmaßnahme“.
Die unionsgeführten Länder wollen auf der Ministerpräsidentenkonferenz durchsetzen, dass der genesene Status künftig auf sechs Monate verlängert wird, bei Zweifachgeimpften auf neun Monate. Das geht aus einem zweiten Entwurf der sogenannten B-Seite hervor, der auch der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, angehört. Die Ländergruppe will zudem ein Impfregister durchsetzen und damit Impfdaten systematisch erfassen.
Zur Frage, wer künftig über die Dauer des genesenen Status entscheidet, kündigte Gesundheitsminister Karl Lauterbach in Interviews an, dem Robert Koch-Institut (RKI) Zuständigkeiten zu entziehen und künftig „selbst und unmittelbar“ darüber zu entscheiden . „Sonst trage ich die politische Verantwortung für das Handeln anderer“, sagte Lauterbach Bild. Die Entscheidung des RKI, den Genesungsstatus von sechs auf drei Monate zu verkürzen, löste zuletzt öffentliche Kritik aus.
Die B-Staaten gehen in ihrem Entwurf sogar noch weiter und fordern, dass der Bundesrat auch künftig Änderungen zustimmen soll. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst sagte im Deutschlandfunk: „Am Ende müssen es die Länder umsetzen und es hat sich bewährt, vorher gemeinsam darüber zu sprechen.“ Der Entwurf der SPD-geführten Länder sagt nichts über eine Bundesratsbeteiligung oder einen verlängerten Genesungsstatus aus. (16.02.2022)
Lauterbach für Lockerungen mit Augenmaß
Unmittelbar vor den Bund-Länder-Beratungen zum künftigen Corona-Kurs spricht sich Lauterbach gegen eine komplette Reduzierung der Corona-Auflagen aus. Es sei Zeit, sich mit Augenmaß zu entspannen, sagte er. Dennoch ist es notwendig, schnell und flexibel auf die Pandemie reagieren zu können. Das Virus verschwindet nicht über Nacht. „Deshalb müssen wir das Infektionsschutzgesetz so formulieren, dass der Grundschutz gewährleistet ist und bei Bedarf erweitert werden kann.“ Der SPD-Politiker kündigte an: „Wir werden den Text im parlamentarischen Verfahren ergänzen, damit auch nach dem 20. März mehr möglich ist als Masken und Abstand.“
Er rechne „fest mit einer neuen Welle im Herbst“, sagte Lauterbach SZ. Bei der Herbstwelle könnte es sich dann um eine Variante handeln, „die eine größere Eindringtiefe in das Lungen- und Nervengewebe hat und das Gewebe stärker zerstört“, sagte der Minister. Schwere Krankheitsfälle und strenge Maßnahmen seien nur zu verhindern, wenn sich Deutschland vorbereite, sagt Lauterbach: „Es ist dringend notwendig, dass wir allgemeine Impfungen durchführen lassen. Das wird davon abhängen, wo wir im Herbst stehen.“
Bund und Länder beraten an diesem Mittwoch über weitreichende Lockerungen. Laut Lauterbach ist der Höhepunkt der Omicron-Welle überschritten. Unmittelbar vor der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) hatte Bayern eine Fülle von Öffnungen vorangetrieben. (16.02.2022)
Der bundesweite Inzidenzwert sinkt auf 1401
Die landesweite Sieben-Tage-Inzidenz ist den vierten Tag in Folge gesunken. Dies verstärkt den Beweis dafür, dass die Omicron-Welle tatsächlich bricht. Den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche gab das Robert-Koch-Institut (RKI) am Mittwochmorgen mit 1401 an. Am Dienstag lag der Wert bei 1438. Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI knapp 220.000 Corona-Neuinfektionen innerhalb eines Tages. 247 Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus.
Die Zahlen sind jedoch nur bedingt aussagekräftig. Experten gehen von einer hohen Fallzahl aus, die in den RKI-Daten nicht erfasst sind. Testkapazitäten und Gesundheitsämter sind vielerorts am Limit, Kontakte werden nur eingeschränkt nachverfolgt. Deshalb zeigen wir im SZ-Corona-Dashboard einen Durchschnittswert aus den Meldungen der vergangenen sieben Tage, der Schwankungen von Tag zu Tag ausgleichen soll. Mehr Informationen dazu finden Sie im Transparenz-Blog, weitere Daten und Grafiken zur Pandemie hier. (15.02.2022)
Nur elf Prozent der Menschen in Afrika sind geimpft
Ein Jahr nach Beginn der internationalen Verteilung von Corona-Impfstoffen sind nach offiziellen Angaben erst elf Prozent der Menschen auf dem afrikanischen Kontinent vollständig geimpft. Ein Grund sei, dass viele der Länder schon lange wenig Impfstoff hätten, heißt es in einem Papier des Entwicklungsministeriums, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Seit 2021 fördern Projekte mit einem Gesamtvolumen von 530 Millionen Euro den Aufbau der Impfstoffproduktion in Afrika.
Allerdings ist die Situation in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich, wie ein Analysetool der Entwicklungsorganisation One zeigt. Der Africa Corona Tracker führt Daten aus den einzelnen Ländern zu einer vergleichbaren Übersicht zusammen. Auf den Seychellen beispielsweise werden 79,8 Prozent der Menschen mit zwei Dosen geimpft, im Inselstaat Mauritius 71,9 Prozent und im nordafrikanischen Marokko 62,9 Prozent. Die Staaten haben alle größere Lieferungen erhalten oder mit bilateralen Abkommen beschafft.
Die schlechtesten Impfquoten gibt es in Burundi (0,1 Prozent), der Demokratischen Republik Kongo (0,2 Prozent) und im Tschad (0,8 Prozent). Gleichzeitig verzeichnen diese Staaten auch ein geringes Vertrauen in die Regierung, ein höheres Maß an Korruption und besondere Schwächen in der Infrastruktur. Im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße erhielten sie zwar weniger Impfdosen, aber – den Daten zufolge – nur ein kleiner Teil tatsächlich geimpft.
Dass viele gespendete Impfstoffdosen ungenutzt bleiben, hat mehrere Hauptgründe, so One: Lieferketten und Kühlketten seien in vielen afrikanischen Ländern die größte Herausforderung. Manchmal sind nicht genügend Spritzen vorhanden, um den verfügbaren Impfstoff zu verabreichen. Einige Länder – darunter auch Deutschland – haben bereits unbenutzt gelieferte und nur begrenzt haltbare Impfstoffdosen gespendet.
Krankenhäuser rechnen mit maximal 3000 Corona-Patienten
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) rechnet einem Medienbericht zufolge angesichts der sinkenden Sieben-Tage-Inzidenz in den kommenden Wochen mit maximal 3.000 Corona-Patienten auf Intensivstationen. Rund 87 Prozent der Covid-Infizierten würden derzeit auf der Normalstation behandelt, sagte DKG-Chef Gerald Gass der Funke Mediengruppe. In früheren Wellen lag dagegen ein Viertel der Patienten auf der Intensivstation. In Kombination mit einer insgesamt deutlich geringeren Hospitalisierungsrate werde dies „dazu führen, dass an der Spitze nicht mehr als 3.000 Intensivpatienten zu befürchten seien“.
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass es in den kommenden Wochen nicht zu einem besonders hohen Infektionsgeschehen in der Gruppe der zwei Millionen ungeimpften über 60-Jährigen kommt. Angesichts des zusätzlichen Aufwands für Infektionsschutzmaßnahmen bei positiv getesteten Patienten bedeutet dies auch, dass der Regelbetrieb eingeschränkt bleiben muss. „Und dieser Zustand wird noch lange anhalten, auch nachdem wir den Höhepunkt der Krankenhausaufenthalte überschritten haben.“ (16.02.2022)
Ciesek hält Lockerungen für vertretbar, sieht aber auch Risiken
Die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek glaubt, dass die Corona-Maßnahmen gelockert werden können. Die Inzidenzzahlen stagnieren oder gehen zurück, bei Omikron kommen deutlich weniger Menschen auf Intensivstationen. „Natürlich sollte man Maßnahmen nicht leichtfertig aufrechterhalten, wenn sie nicht unbedingt erforderlich sind“, sagte der Direktor des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt am Dienstag im NDR-Podcast „Das Coronavirus Update“.
Ciesek nannte aber auch Gründe, die aus ihrer Sicht zur Vorsicht sprechen: „Würde man über Nacht alle Maßnahmen fallen lassen, würde es deutlich länger dauern, bis die Inzidenzen wieder sinken. Man riskiert ein Plateau oder es droht sogar eins.“ wieder steigern.“ Gefährlich ist das für Menschen ohne ausreichenden Immunschutz und Kinder unter fünf Jahren, für die es noch keine Impfung gibt.
Die Politik stehe in der Verantwortung gegenüber allen Bürgern, sagte Ciesek: „Die Politik muss auf die unterschiedlichen Interessen hören, sie berücksichtigen und schließlich abwägen“, sagte Ciesek. Das ist eine schwierige Aufgabe. „Aus rein medizinischer Sicht ist es viel einfacher. Natürlich wäre es besser, wenn wir noch etwas länger durchhalten, um die Zahlen zu reduzieren.“
Zur Debatte um die Impfpflicht sagte Ciesek, sie persönlich würde „auf die Impfpflicht lieber verzichten“ https://www.sueddeutsche.de/politik/ Gesellschaft.“ Die Immunitätslücke muss man auf jeden Fall schließen, je schneller desto besser.
„Nicht jeder, der nicht geimpft ist, ist gegen eine Impfung“, sagte Ciesek – viele seien einfach verunsichert. Bei einer Impfpflicht sei es wichtig, „dass die Menschen wieder gut beraten werden“. Sie warnte davor, nur aus Omikron-Sicht zu argumentieren: „Wir müssen tatsächlich weiterdenken. Nach Omikron wird es höchstwahrscheinlich nicht das Ende sein.“ „Ich halte es für äußerst unwahrscheinlich, dass es irgendwann einen Superimpfstoff geben könnte, der gegen alle Coronaviren wirkt.“ (16.02.2022)
Die WHO meldet einen starken Rückgang Corona– Fallzahlen
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die Zahl der Corona-Neuerkrankungen in der vergangenen Woche weltweit um fast ein Fünftel gesunken. Zwischen dem 7. und 13. Februar wurden der UN-Organisation in Genf rund 16 Millionen Fälle gemeldet – 19 Prozent weniger als in der Woche zuvor, wie die WHO am Dienstagabend in ihrer neuesten Corona-Statistik mitteilte. Der vorläufige Höhepunkt der Pandemie wurde in der letzten Januarwoche mit mehr als 22 Millionen Fällen erreicht. Danach begannen die Zahlen Anfang Februar zu fallen. In der vergangenen Woche wurden aus fast allen Regionen weniger neue Fälle gemeldet. Lediglich im Westpazifikraum mit Ostasien und Ozeanien nahm die Zahl zu.
Die WHO hingegen berichtete von einem stetigen Anstieg von BA.2, einer noch schneller übertragbaren Untervariante der Omicron-Virus-Variante. Auf BA.2 entfielen Anfang Februar mehr als ein Fünftel aller weltweit analysierten omicron-Fälle. BA.2 ist in Ländern mit steigenden und fallenden Omikronwellen auf dem Vormarsch. (16.02.2022)