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Großenhain
03.03.2022
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18:00
„Wir wissen noch nicht, wann Flüchtlinge zu uns kommen“
Der Oberbürgermeister von Großenhain, Sven Mißbach, ist bereits in Gesprächen mit der Kirchengemeinde Großenhain und der Diakonie. Es gibt auch private Initiativen.
Von Katharina Karlshaus
3 Minuten
Großenhain. Im Moment ist nichts planbar. Aber eines ist sicher, es wird sicher nur eine Frage der Zeit sein, bis die ersten Flüchtlinge aus dem ukrainischen Kriegsgebiet auch in Großenhain ankommen werden. Immerhin: Die sächsische Landesregierung hat am Dienstag ein entsprechendes Aufnahmekonzept und weitere Hilfsmaßnahmen beschlossen. Die ankommenden Menschen sollen nicht lange in sogenannten Erstunterkünften bleiben, sondern schnell in einzelne Regionen gebracht werden, um dort zu arbeiten und ihre Kinder an Bildungseinrichtungen abgeben zu können. Erfahren, wie sich Großenhain auf die Ankunft der Ukrainer vorbereitet Sächsische. de im Gespräch mit Oberbürgermeister Sven Mißbach (parteilos).
Herr Missbach, wie oft am Tag informieren Sie sich über die aktuelle Situation in der Ukraine?
Wann immer mein Zeitplan es zulässt. Letzte Woche Donnerstag habe ich neben meiner Büroarbeit morgens die Live-Berichterstattung verfolgt und konnte kaum glauben, was ich da sah und hörte.
Mussten Sie Ihren Kindern schon einmal erklären, was es eigentlich bedeutet, dass in einem europäischen Land nur 1.500 Kilometer von Großenhain entfernt tatsächlich Krieg geführt wird?
Ja, habe ich. Und ich bin sogar so weit gegangen, dass ich ihnen erklären musste, dass auch eine weltweite Eskalation bevorsteht. Distanz sehe ich hier nicht als entscheidenden Faktor, denn jeder Krieg ist sinnlos und bringt nur Tod, Schmerz und Zerstörung.
Am Mittwoch tauschte die Staatsregierung wahrscheinlich Ansichten mit den Bürgermeister über die Unterkunft ukrainischer Flüchtlinge aus. Wissen Sie bereits, ob und wann die Betroffenen nach Grosshinain kommen?
Dazu gibt es im Moment nicht viel zu sagen! Denn wir wissen noch nicht, wann und wie viele Flüchtlinge uns erreichen werden. Die Koordination sollte der Landkreis übernehmen. Wenn ein paar Leute aufgrund privater Initiativen ohne Anmeldung hierher kommen, können sie legal 90 Tage bleiben, da dieser Aufenthalt als Reise deklariert wird. Letztlich müssen wir aber noch zu einer Anmeldung kommen. Die notwendigen Regelungen werden derzeit auf Bundes- und Landesebene diskutiert.
Röderstadt hat in den vergangenen Jahren viel Erfahrung mit der Aufnahme von traumatisierten Menschen, auch aus Kriegsgebieten, gesammelt. Ist es möglich, Netzwerke wiederzubeleben oder Unterstützungsdienste zu aktivieren?
Ich bin derzeit in Gesprächen mit der Kirchengemeinde Großenhainer Land und der Diakonie Meißen. Ich denke, hier gibt es ein gutes Netzwerk und eine hohe Professionalität, auf die wir in dieser Situation wieder zurückgreifen können. In jedem Fall werden wir auch eng mit dem Bezirk zusammenarbeiten, der die Hilfe koordiniert. Ich kenne auch private Initiativen, die bereits Unterstützungsangebote, wie zum Beispiel die Bereitstellung von Unterkünften, organisieren. Beeindruckend ist die große Hilfsbereitschaft gegenüber den Ukrainern, die im ganzen Land zu spüren ist.
Herr Missbach, was denken Sie über das Kriegsgebiet und die kommenden Tage?
In dieser Situation ist es schwer, in die Zukunft zu sehen. Ich hoffe sehr, dass der Krieg durch diplomatische Vereinbarungen schnell beendet wird, sonst wird die Ukraine so schwer beschädigt, dass niemand dorthin zurückkehren möchte. In jedem Fall verursacht dieser aggressive Krieg, den Russland unter Missachtung des Völkerrechts führt, entsetzliches menschliches Leid und wirft einen unerträglich dunklen Schatten auf Europa und die Welt.