Kathrin Schobel – „Der Höhepunkt des Identitätsspektakels“ – Regensburger Nachrichten

Startseite » Kathrin Schobel – „Der Höhepunkt des Identitätsspektakels“ – Regensburger Nachrichten
Kathrin Schobel – „Der Höhepunkt des Identitätsspektakels“ – Regensburger Nachrichten

Autorin, fluide Online-Persönlichkeit und Regieassistentin am Theater Regensburg – Kathrin Schobel, die mit „14 Falken“ bereits ihren zweiten Roman veröffentlicht hat, über den Umgang mit der Realität, Schreiben als Identitätssuche und den Menschen als fließendes Konstrukt.

Sie ist Autorin, fluide Online-Persönlichkeit und Regieassistentin am Theater Regensburg. Mit „14 Falken“ hat die gebürtige Niedersachsein und zwischenzeitlich in Regensburg lebende Niedersächsin ihren zweiten Roman veröffentlicht – obwohl ihr Schreiben „eigentlich sehr schwierig“ sei. Wir sprachen mit der 27-Jährigen über ihren Umgang mit der Realität, das Schreiben als Identitätsfindung und den Menschen als fließendes Konstrukt.

Hallo Kathrin, wenn du versuchst, etwas über dich herauszufinden, findest du mit Glam Goblin, Tex oder Bartifer allerlei Fragmente, die kaum ein Bild von der Autorin Kathrin Schobel zeichnen können – woher kommt das?

Das kommt daher, dass ich – soweit es kreative Dinge betrifft – gerne alle möglichen Medien und Genres verwende; und das geht vom Bücherschreiben über das Schreiben eigener Songs bis hin zur Präsenz in den sozialen Medien – was mit dem Fotografieren und Schminken auch eine Art Kunst ist. Das Internet gibt mir viel mehr Möglichkeiten mich auszudrücken als die Realität. Und je nachdem, was ich primär auf welchem ​​Kanal zeigen möchte, werden Fotos oder Texte ausgewählt. Twitter und Co. sind für mich eine Erweiterung meiner alltäglichen Identität.

Sie haben schon in jungen Jahren mit dem Schreiben begonnen und seit Ihrer Kindheit Preise gewonnen. Erzählen Sie uns etwas über die junge Kathrin, bevor sie im Internet verschwand.

Die junge Kathrin kommt aus dem Dorf und wusste eigentlich schon immer, dass sie etwas Kreatives machen will, weil sie grundsätzlich ein super kreativer Mensch ist und sich am liebsten ausdrückt. Und für mich persönlich funktioniert es am besten, sich in der Kunst auszudrücken, weil es zu meinen Fähigkeiten passt. Das war schon in jungen Jahren so – auch wenn ich es damals nicht so richtig verstanden habe wie heute. Wenn du aus dem Dorf kommst, versuchst du natürlich, alle Wege zu nutzen, die dir in der Schule angeboten werden. Das geht vom Kunst-Leistungskurs über die Schreibwettbewerbe bis hin zur Theater AG. Ich habe damals versucht, mich überall anzukreuzen. So ungefähr fing es an.

Die Entscheidung, einen Roman zu schreiben, fällt sicher nicht über Nacht. Aber zumindest scheint es, als ob Ihnen das Schreiben im Blut liegt?

Ich denke, Schreiben ist eine sehr romantische Sache. Mir persönlich fällt das Schreiben sehr schwer. Mein Lieblingsformat ist natürlich das Buch, weil es einem den größten Raum für die größtmögliche Geschichte mit dem größtmöglichen Detail gibt. Aber es ist nicht einfach für mich, weil der Prozess des Nachdenkens über eine Geschichte in meinem Kopf ganz anders ist als das Schreiben der Geschichte. Das aufzuschreiben ist Konzentrationsarbeit, man muss alles strukturieren, was einem im Kopf herumschwirrt, und das fällt mir unheimlich schwer. Ich schreibe die Geschichte nur, weil sonst niemand die Geschichte schreibt (lacht). Das ist auch der Grund, warum ich so viele verschiedene Kanäle und Medien nutze. Je nach Plattform kann ich einen anderen Fokus darauf legen, was ich erzählen oder zeigen möchte. Der Inhalt kann entweder reduziert oder erweitert werden – auch verschiedene Töne können ausprobiert werden.

Du hast auch Cosplay gemacht und viele Dungeons and Dragons gespielt. Was haben das Schreiben von Geschichten und die Suche nach der eigenen Identität gemeinsam?

Ich sage alles (lacht). Ich bin ein Mensch, der nicht nur gerne über andere Identitäten nachdenkt, was an sich auch als Schreibmethode genutzt werden kann, sondern ich muss eigentlich für mich selbst über andere Menschen nachdenken. Was ich zum Beispiel sehr gerne mache, ist eine Mischung aus D&D und Cosplay und nennt sich LARP – also Live Action Role Play. Hier spielst du zum Beispiel deine Figur in der realen Welt bei irgendeinem Event am Wochenende, erlebst gemeinsam mit anderen Spielern Geschichten und spielst sie ähnlich wie in einem Live-Improvisationstheater nach. Für mich ist das der Höhepunkt des Identitätsspektakels, denn dann bin ich ein ganz anderer Mensch. Ich kann mich nicht immer einfach hinsetzen und an eine Person denken; Das muss ich selbst auch sein. Halb als Flucht vor meiner eigenen Identität und halb um etwas Neues auszuprobieren – mich in Situationen zu versetzen, die man so nicht erlebt. Das ist für mich auch die wesentliche Basis, um auf Geschichten und Ideen zu kommen und mich selbst auszuleben.

Wie viel Realität bleibt dann eigentlich übrig? Und wie viele Fixpunkte gibt es auf der Welt?

Ich glaube nicht, dass Menschen von Natur aus eine feste Persönlichkeit haben – das heißt, dass Menschen so sind, wie sie sind. Vielmehr ist der Mensch ein Muster von Gewohnheiten. Und diese Gewohnheiten können bis zu einem gewissen Grad gebrochen werden. Was ich am LARP sehr mag, ist, dass ich verschiedene Verhaltensmuster ausprobieren kann und mich manchmal dabei erwische, wie ich sie übernehme, wenn sie für mich besser funktionieren als das, was ich jetzt tue. So gesehen bleibt die eigene Identität flexibel und fließend und hat für mich noch genug Realität. Ich fliehe nicht per se vor der Realität, sondern setze mich abstrakt mit der Realität auseinander.

Sie sind nicht nur Autor, Sie sind derzeit auch Regieassistent am Theater Regensburg und haben bereits ein eigenes Stück inszeniert. Was war zuerst da: der Wille, Geschichten zu veröffentlichen wie in Ihren beiden Büchern, sich selbst zu spielen wie im LARP oder Regie zu führen wie in „4zimmerWohnung“?

Ich denke, es kommt alles von demselben Gefühl. Ich bin kein Fan davon zu sagen, dass Kunst nur für sich selbst gemacht werden sollte. Das stimmt natürlich, aber Kunst ist immer Kommunikation. Das heißt, ich möchte mich durch Kunst ausdrücken und bestenfalls eine Reaktion von denen, die die Kunst konsumieren. Und da passt alles zusammen: Sammeln, zu Papier bringen und meine Gedanken präsentieren, wobei bei letzterem auch die Wahl des Mediums und der Aspekt der Regie ins Spiel kommen. Denn was ich wirklich will, ist mit der Welt ins Gespräch zu kommen. Und seit ich denken kann, dreht sich meine Suche nach Sinn und Beruf immer darum, den bestmöglichen Weg zu finden, dies zu tun.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Mitte dieses Jahres werde ich meine Zeit am Theater Regensburg beenden und mir in einem anderen Haus eine Regieassistentin suchen müssen. Wo genau, weiß ich noch nicht. Was die Bücher betrifft, habe ich derzeit zwei fertige Manuskripte, von denen ich eines bald veröffentlichen möchte – zumindest wenn alles gut geht.


RNRot