Pforzheim: Menschenkette parallel zu Corona-Demo

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Pforzheim: Menschenkette parallel zu Corona-Demo

5.000 Teilnehmer bei Corona-Demo

Erstmals fand am Montagabend in Pforzheim parallel zur Demo gegen die Corona-Maßnahmen eine Kundgebung mit Menschenkette statt. Das Treffen der 5.500 Teilnehmer auf dem Waisenhausplatz blieb friedlich. Unterschiedlicher hätten die Ereignisse kaum sein können.

Am Montagabend versammelten sich fast 500 Teilnehmer in einer Menschenkette am Stadttheater. Auf der dahinter liegenden Zerrennerstraße kamen rund 5.000 Gegner der aktuellen Corona-Maßnahmen daran vorbei.

Foto: Felix Doll

Beim wöchentlichen Protestmarsch von Gegnern der Impfpflicht, Gegnern der Corona-Maßnahmen, Verschwörungstheoretikern und Rechten zählte die mit einem Großaufgebot im Einsatz befindliche Polizei diesmal rund 5.000 Teilnehmer, etwas weniger als in der Vorwoche.

Gut 500 Menschen beteiligten sich an der Parallelkundgebung und Menschenkette der Initiative „Keep Together“. Die Kundgebung begann wie die Demo um 18 Uhr und fand in unmittelbarer Nähe statt.

Referent und Initiator Gerhard Baral betonte als erster Redner des Abends: „Wir verstehen uns nicht als Gegenveranstaltung, aber wir gehen anders mit dieser Pandemie, mit dieser Krise um.“

Dies ist kein Protest mehr gegen Corona-Maßnahmen. Davon muss man sich distanzieren!

Gerhard Baral, Initiator der Menschenkette

Nicht nur rhetorisch, sondern auch in der Präsentation glich die Veranstaltung einer Alternative zum Protestmarsch durch die Stadt: keine Transparente, keine Fahnen, keine Gesänge. Scharf kritisierte Baral, dass am Montag in Pforzheim Aufkleber im Judenstern-Design mit der Aufschrift „ungeimpft“ aufgetaucht seien. Er entgegnete den Demonstranten: „Das ist kein Protest mehr gegen Corona-Maßnahmen. Davon muss man sich distanzieren!“

Nach Baral sprach der Antisemitismusbeauftragte des Landes Baden-Württemberg, Michael Blume. Er betonte die Vielfalt Pforzheims. Als ein lautstarker Disruptor anrief, sagte Blume, er sei froh, in einem System zu leben, in dem Andersdenkende nicht niedergeschrien würden.

Die Rufe des Störers wurden von dem ausbrechenden Beifall übertönt und nach weiteren Störungen wurde er von Ordnern aus der Menge geführt. Blume betonte: „Kritik darf und muss geäußert werden. Aber all dies kann getan werden, ohne andere der Verschwörung zu beschuldigen oder andere herabzusetzen.“

Nach den beiden Ansprachen von jeweils 15 Minuten bildete die Menge eine Menschenkette entlang der Zerrennerstraße. Dort zog wenig später der Protestmarsch vorbei – inklusive Rufen wie „Freiheit“, „Widerstand“, „Lügenpresse“ und „Wir sind das Volk“. Es gab keine Konfrontationen, es war friedlich. Die Menschenkette führte weiter zur Enz, zur Brücke an der Leopoldstraße und von dort zurück zur Goldschmiedebrücke.

Vor der Bühne und in der Menschenkette standen die Pforzheimer Abgeordneten Katja Mast (SPD), Gunther Krichbaum (CDU), Stephanie Aeffner, Stefanie Seemann und Felix Herkens (alle Grünen). Mast sagte am Abend: „Die Menschenkette in Pforzheim ist ein wichtiges und notwendiges Zeichen des Respekts, des Zusammenhalts und der Solidarität in unserer Region. Wir werden die Pandemie nur besiegen, wenn wir gemeinsam handeln und uns allen Spaltungsversuchen widersetzen. Immer im Ernst und.“ offener Dialog, wo nötig mit ruhiger, aber klarer Kante.“

Beteiligt sind Abgeordnete von CDU, SPD und Grünen – nicht die FDP oder die Rathausspitze

Aeffner erklärte, dass die Menschenkette die Mehrheit der Bevölkerung repräsentiere, die sich und andere schützen wolle. Krichbaum sagte: „Wir dürfen den Platz nicht denen geben, die die Risiken des Virus herunterspielen und falsche Behauptungen verbreiten.“

Der FDP-Abgeordnete Hans-Ulrich Rülke war nicht dabei. Er erklärte vorab in den sozialen Medien, dass er die Einladung zur Kundgebung und Menschenkette „vehement abgelehnt“ habe. Rülke weiter: „Eine zeitgleiche Gegendemonstration birgt die Gefahr einer Konfrontation – das muss zumindest die Polizei befürchten.“ Eine „konzeptlose“ Politik sollte sich nicht wundern, wenn immer mehr Menschen ihre politischen Entscheidungen auf die Straße verlagern.

Soweit ersichtlich blieben nicht nur mehrere FDP-Abgeordnete, sondern auch Vertreter der Rathausführung der Veranstaltung fern.

Wir sind sehr besorgt über den großen Andrang, den die Demonstration von Impfgegnern, Corona-Leugnern und Rechtsextremisten heute wieder hatte.

Christian Schmidt, Sprecher der Initiative „Keep Together“.

Christian Schmidt, Sprecher der Initiative „Keep Together“, die bis zum Abend rund 2.900 Unterzeichner hatte, sagte: „Wir sind sehr besorgt über die große Zahl von Teilnehmern an der Demonstration von Impfgegnern, Corona-Leugnern und Rechtsextremisten heute . Intern denken wir aber bereits über die nächsten Schritte nach: Wir wollen Dialogmöglichkeiten schaffen, in denen Menschen ihre Bedenken und Kritik äußern können, das dürfen wir nicht Rechten überlassen.“

Der Protestzug mit rund 5.000 Teilnehmern hatte diesmal eine etwas längere Strecke, die Teilnehmer bewegten sich zunächst vom Rathaus entlang der Ostlichen zur Parkstraße, bevor sie in gewohnter Richtung über Waisenhausplatz, Leopoldplatz und Bahnhofsplatz zurück zum Rathaus gingen. Mit Trommeln und Gesängen machten die Teilnehmer auf sich aufmerksam.

Pforzheim wurde als „Hochburg des Widerstands“ bezeichnet. Hunderte nahmen es sichtlich gelassen mit dem eigentlich verpflichtenden Tragen einer Mund-Nasen-Maske – trotz expliziter Hinweise der Veranstalter über die Maskenpflicht von Anfang bis Ende.

Demos auch in Remchingen, Neuenbürg und Mühlacker

Die größten Versammlungen im Enzkreis fanden am Abend in Remchingen und Neuenbürg statt. Dort zählte die Polizei rund 190 Teilnehmer. Auch in Mühlacker versammelten sich erneut Gegner der Corona-Regeln, dort sollen es rund 120 gewesen sein. Überall dort, wo die Polizei abends Veranstaltungen begleitete, blieb es laut Sprecher Frank Weber friedlich. Nicht jedes Treffen wurde zuletzt registriert. Weber: „Wir sind auf mögliche weitere Kundgebungen, egal ob angemeldet oder nicht, vorbereitet.“